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in Vorbereitung: 3onTour!
Guatemala 3 - Das Hochland II und nach El Salvador

  
Guatemala
23. Mai 2013

Guatemala 3 - Das Hochland II und nach El Salvador

1933 km, Ciudad Pedro de Alvarado

Von Huehuetenango (kurz: Huehue) nach Quetzaltenango (kurz: Xela) haben wir mit 100 Kilometern Länge zwar nur eine kurze Etappe vor uns, aber höhenmäßig geht´s einiges rauf.

Bine und ich sind nun erstmals auf der Panamericana (oder auch Interamericana) unterwegs. Dementsprechend ändert sich das Strassenbild: viele grosse Busse und Sattelschlepper rasen auf dem modernen Highway. Es gibt aber einen bequemen Seitenstreifen, der das Radeln trotzdem angenehm macht. .

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Und die Steigungen halten sich hier ausnahmsweise an "internationale" Standards - das heisst nicht allzu steil und gut zu radeln. Folgerichtig sind die Strecken auf ein bestimmtes Niveau hinauf länger. Auf einer Strecke von 40 km geht es ununterbrochen bergauf. Trotz dem vielen Verkehr geniesse ich das radeln - Nadelwälder und immer wieder kleine Lokale oder Geschäfte. Und nach 40 km auch tolle Ausblicke auf das niedrigere Umland. Und das Wetter ist sonnig aber sehr angenehm.

Abends ist Bine - nach über 1.500 geradelten - Höhenmetern schon sehr müde. Wir nehmen in Cuatro Caminos ein überteuertes Hotel, suchen vergeblich nach einer guten Gelegenheit zum Essen, kaufen danach etwas zum Selberkochen. Der Kocher funktioniert anfangs nicht, und danach sind die Nudeln ziemlich ekelig. Naja..

Xela

Der nächste Tag bringt uns leicht nach Quetzaltenango - der zweitgrössten Stadt Guatemalas auf 2.300 Meter gelegen, die eigentlich überall Xela heisst. Wir finden ein halbwegs günstiges, sehr nettes Backpacker Hostal und fühlen uns in der Stadt, die eigentich ein sehr grosses Dorf ist, gleich sehr wohl. Wir geniessen das Herumschlendern in den alten Gassen, geniessen die Almuerzos (Mittagsmenüs) für 2 Euros. Es gibt hervorragende Suppen als Vorspeise, danach das obligate Händl oder auch super Fisch mit Beilagen. Dazu ein frisch gepresster Fruchtsaft - zum Beispiel Horchata (Reisgetränk mit Zimt) oder Tamarindensaft.

Abends sind wir auch an den Ständen am Parque Central, wo es mexikanisches Zeugs (Tacos, Tortas...) und Einheimisches gibt - zum Beispiel Süssigkeiten oder Garnachas (Tortillas mit Fleisch und Sauce drauf), die ich besonders gut finde.

Erstmals auf dieser Tour treffen wir in einer Backpacker Unterkunft "westliches Klientel". Wir lernen einige interessante Charaktere kennen. Zum Beispiel einen "pensionierten" Amerikaner, der nun in Guatemala lebt, weil er sich in seiner Heimat - nach einer schweren Augenkrankheit - nicht mehr krankenversichern konnte. Oder Joshua, ebenfalls aus den USA. Ein ewigreisender Künstler, der momentan überwiegend Praktisches und Unpraktisches aus weggeworfenem Plastik herstellt.

Bine und ich besuchen ein natürliches Spa, das oben in den Bergen liegt - Fuentes Georginas. Mit toller Aussicht auf den Vulkan Santa Maria während der Fahrt mit dem Kleinbus. Das Bad liegt sehr schön in den Bergen. Und das Wasser ist so heiss, dass wir am Anfang gar nicht rein wollen.

Unseren 11. Jahrestag begehen wir mit mexikanischen Chilaquiles, die wir auf der ganzen Reise noch nicht bekommen haben. Dazu reichlich Bier, Wein und Cuba Libre in unserem netten Hostal...

Vulkan Santiaguito Wanderung

Als ich erfahre, dass es in der Nähe einen aktiven, eruptiven Vulkan gibt, will ich unbedingt dorthin. Vergeblich suche ich (während der Nebensaison) nach Mitstreitern für dieses anstrengende Unterfangen. Schliesslich buche ich die 2-tägige Tour mit einer Übernachtung auf einem Kamp in der Nähe des Vulkans Santiaguito alleine. Und muss daher mit 100 Euro fast das doppelte hinlegen als in einer Gruppe. Was soll's.

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Der Krater ganz am Morgen - noch ist er ruhig (Volcán Santiaguito Trek, Quetzaltenango, Guatemala, Mai 2013)
Der Krater ganz am Morgen - noch ist er ruhig (Volcán Santiaguito Trek, Quetzaltenango, Guatemala, Mai 2013)


Die ersten 1 1/2 Stunden hinauf zum Mirador, einem Aussichtspunkt auf den Vulkan, sind sehr leicht. Die meisten Leute gehen nur bis hierher. Danach geht`s für 3 Stunden durch dichtes Gestrüpp und Buschwerk hinunter. Das ganze mit einer ungewohnten Last von 15 kg Ausrüstung und Proviant am Rücken. Es ist so abartig steil, dass am halben Weg meine Beine zittern und die Füsse schmerzen. Der zweite Teil hinunter geht diretissima einem trockenen "Bach"bett entlang - so steil, dass ich mit jedem Schritt die ganze Schwerkraft in meinen Beinen spüre. Mein sehr netter Guide José (ein junger Bursche, der mit Jeans und Sportschuhen so gekleidet ist, als würde er gerade auf dem Weg in die Schule sein) hingegen scheint keinerlei Probleme zu haben.

Unten angekommen - dem sogenannten Playa (der Name stammt wohl von Wanderern, die hier gerne einen Strand vorgefunden hätten) - gibt's ein Mittagessen. Danach auf einem brutal steilen Geröllhang für 1 1/2 Stunden hinauf. Das geht leichter, weil die aufgebaute Radlmuskulatur hier doch einiges unterstützt. Nach 8 Stunde erreichen wir um 15 Uhr bei dichtem Nebel das Kamp. Das Zelt und alles andere wird in "guatemala style" aufgebaut, ohne Heringe, Reissverschlüsse etc.

Dann regnet es durchgehend für 8 Stunden. Blitze und Donner rundherum.

Den Vulkan habe ich nur einmal - vor langer Zeit in der Früh - vom Mirador aus gesehen. Das Zelt steht bald unter Wasser. Ich versuche möglichst alles trocken zu halten - und bin deprimiert. Wozu das alles?

Aber um 10 Uhr nachts hört es auf zu regnen. Und der Nebel ist weg. José geht mit mir etwas rauf auf einen Kamm. Und plötzlich öffnet sich ein grandioser Ausblick. Die Tiefebene vor mir mit dutzenden beleuchteten Städten. Am Horizont (nicht sichtbar) der Pazifik. Und daneben heben sich die Silhoutten des Volcano Santiaguito und dem grossen Bruder Santa Maria vom leuchtenden Sternenhimmel ab! Ein rotglühendes Etwas leuchtet nahe dem Krater des Santiaguito unentwegt. Ich richte mich oben ein bisschen ein und sage José, dass er gerne schlafen gehen kann (was er auch sofort tut). Plötzlich ein lautes Grollen - glühend rote Lava spritzt aus dem Vulkan. Und rinnt hunderte Meter hinunter ins schwarze Nichts. Was für ein Naturschaupiel! Ich geniesse dort für viele Stunden den Ausblick, und erlebe noch 2 weitere Eruptionen.

Und morgens um 5 Uhr bin ich wieder oben. Das Wetter ist komplett klar, und die Eruptionen sind enorm beeindruckend. Ja, es hat sich zu 100% ausgezahlt. Einem derartig aktiven Vulkan so nahe zu kommen ist einmalig. Danach geht die Tortur wieder retour.

Ich möchte aber an dieser Stellen nicht verschweigen, dass ich - zurück in Xela - für eine Nacht Fieber bekommen habe und 3 Tage lang fast keine Stiegen hinuntersteigen konnte...

Weiter zum Lago de Atitlán

Nach einer Woche in Xela geht´s für uns weiter. Natürlich weiterhin bergig. 30 Kilometer steigt die Strasse von Xela, ehe wir mit 3.000 Metern den höchsten Punkt der Interamericana in Guatemala erreichen. Es ist Sonntag, und viele Rennradler sind auf der Strasse unterwegs. Oben auf 3.000 Metern ist es aber nicht gebirgig, sondern es gibt Ortschaften und Felder. Nicht besonders spektakulär.

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Der höchste Punkt bis jetzt - knappe 3.000 Meter (Sololá, Guatemala, Mai 2013)
Der höchste Punkt bis jetzt - knappe 3.000 Meter (Sololá, Guatemala, Mai 2013)


Wir kommen am Sonntag Nachmittag nach Nahualá. Der grosse Markt ist gerade beendet. Dreck und Müll stapeln sich tonnenweise auf der Marktstrasse. Betrunkene liegen auf der Strasse. Die etwas Frischeren von ihnen lallen uns irgendwas zu. Das Hotel ist vollkommen überteuert. Da sind wir wohl zur falschen Zeit am falschen Ort.

Dafür geht's am nächsten Tag über schönes Bergland weiter. Wir entschliessen uns die kleine Strasse hinunter nach San Marcos zu einem der berühmtesten Seen der Welt zu nehmen - zum Lago de Atitlán. Das Problem hier an den extrem viel besuchten Touristengebiet ist die Sicherheitslage. Raub und Überfälle an Touristen an einsamen Stellen kommen öfters vor.

Zuerst geht's wieder mal hinauf. Aber bald haben wir den ersten tollen Ausblick auf den See und den anliegenden Vulkanen. Das ganze gut 1.000 Meter oberhalb. Toll! Danach geht`s auf der wohl steilsten Strasse Guatemalas hinunter zum See. Obwohl Asfalt, schiebe ich sogar einmal hinunter, weil die Bremsen derart gefordert sind. Unten angelangt gibt's eine Überraschung. Genau, es gibt den ersten Platten der Tour. Das Ventil ist ausgerissen, und daher ist der Schlauch nicht mehr reparabel. Zum Glück sind genau dort ein paar Menschen. Für einen Überfall wären wir sonst leichte Beute. Aber die Polizei fährt ein paar Mal an uns vorbei, ohne uns zu warnen. Ein gutes Zeichen? Auf der (natürlich extrem steilen) Uferstrasse nach San Marcos warnt uns die lokale Polizei vor "some strange people". Und eskortiert uns zum Ortseingang.


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Wunderschöner Morgen am Lago de Atitlán (Sololá, Guatemala, Mai 2013)
Wunderschöner Morgen am Lago de Atitlán (Sololá, Guatemala, Mai 2013)
Mit dem ersten Platten auf Tour habe ich nun zum dritten Mal (weil es unsere dritte grosse Tour ist) unsere interne Wette verloren. Schon am gleichen Abend löse ich die Wettschuld in Form eines Abendessens in San Marcos ein...

Das Quartier ist idyllisch und ruhig. Der ganze See scheint in "westlicher" Hand. Langzeitreisende beziehungsweise Hängengebliebene überall. Yogakurse, Massagen, Meditationen... all das wird hier angeboten.

Der See ist tatsächlich sehr schön, insbesondere die gegenüberliegenden Vulkane geben ein super Bild ab. Und das Klima ist extrem angenehm. Das Leben hier sehr billig. Man kann Häuser (mit mehreren Zimmern, Bädern und Garten) direkt am Seeufer um 170 Euro pro Monat mieten. Da fällt es leicht lang (oder für immer) hier zu´bleiben. All das (und wahrscheinlich mehr) begründete wohl die vermeintliche "Traumdestination" Lago de Atilán.

Auf dem Weg zum nächsten Touristenhighlight

Wir entspannen und kochen lecker Kaffee und Essen auf unserem Kocher. Und geniessen die absolute Ruhe - etwas sehr spezielles und seltenes auf unserer Reise durch Guatemala. Dann nehmen wir eines der zahlreichen kleinen Fährboote hinüber nach Panajachel, dem eigentlichen Touri-Zentrum des Sees. Wir halten uns aber nicht lange auf. Nach einem super Frühstück mit Eiern, Frijoles und Schinken, nimmt Bine einen Bus 550 Meter hinauf nach Sololá. Ich komme mit dem Rad nach. Ein sehr netter Ort oberhalb des Sees. Der Freitagsmarkt am nächsten Tag ist riesengross. Wir haben leider nicht viel Zeit, da wir danach gleich weiterfahren.

Bine weiter mit dem Bus ins 60 km entfernte Tecpán, ich weiter per Rad. In Tecpán essen wir abends einen Burger an einem Stand im Zentrum neben einem Platz für Jugendliche. Kinder mit vollem Einsatz spielen Fussball, dabei sind verschiedene "Teams" parallel auf dem Platz und nutzen die gleichen Tore. Ältere Jugendliche spielen ebenfalls vor den Fussballtoren Basketball. Andere fahren dort mit ihren Skateboards. Gleich am Spielfeldrand gehen Schuhputzer und Marktfrauen ihren Geschäften nach. Und das alles in Harmonie. Ich denke nach, warum so etwas in Österreich unmöglich und undenkbar ist.

Antigua

Danach geht's einen Tag lang nach Antigua. Dem wohl berühmtesten Ort in Guatemala. Und dementsprechend spielt es sich hier ab. So viele Touristen haben wir auf der ganzen Reise noch nicht gesehen. Und das Preisniveau ist beachtlich. Aber wir nehmen als einer der ganz wenigen ein Angebot der Stadt wahr - wir kampieren kostenlos am Areal der hiesigen Touristenpolizei! Zusammen mit einer französischen Familie, die mit 3 kleinen Kindern 6 Jahre lang mit ihrem Wohnmobil in der Welt unterwegs sein will. Einem jungen französischen Backpacker und 2 Argentiniern, die mit Verkauf ihres selbstgemachten Schmucks ein wenig Geld für ihre Reise verdienen wollen.

Die 3 Vulkane, die angeblich das Stadtbild prägen sollen, sehen wir ob des diesigen und wolkigen Wetters gar nicht - es ist ja nun schon Regenzeit. Das Strassenbild, inklusive Kopfsteinpflaster und den bunt bemalten Häusern, ist allerdings wirklich sehr schön. Und rundherum ist es eine angenehm normale guatemaltekische Stadt.

Sonntags ist besonders viel los. Mit Strassenmusikanten und anderen Strassenkünstlern. Und vielen Schaulustigen rundherum. Musikgruppen im Parque Central und in den Gassen. Passanten, die dazu tanzen.

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Passanten tanzen zur Live-Musik (Sacatepéquez, Guatemala, Mai 2013)
Passanten tanzen zur Live-Musik (Sacatepéquez, Guatemala, Mai 2013)


Auch hier nehme ich die Gelegenheit wahr, einen aktiven Vulkan zu besuchen. Volcanó Pacaya heisst er und hatte seinen letzten grossen Ausbruch im Jahre 2010. Dieser dauerte zwar nur 40 Minuten, war aber sehr heftig mit grossen Folgen fürs Umland. Seitdem ist er ruhig. Für wie lange?

Das Gebiet um den Krater ist immer noch "Mondlandschaft", mit grauem Lavagestein überall. Es gibt Öffnungen, die extrem heisse Luft "ausatmen". Unser Guide grillt in einem davon Marshmellows für unsere Gruppe. Vor 1-2 Jahren hat man hier vor offener Lava noch Würstel und Burger grillen können. Der Vulkan selber ist meist in Wolken gehüllt, hin und wieder hören wir ein Grollen von oben. Der Vulkan gilt als gefährlich, weil der Krater mit Geröll verschlossen ist. Und bei einem Ausbruch regelrecht explodiert. Der Vulkan ist für mich nicht spektakulär, aber die Landschaft und die Pflanzen dort sind sehr interessant.

Auf nach El Salvador

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Warten auf die Grenzabfertigung nach El Salvador (Jutiapa, Guatemala, Mai 2013)
Warten auf die Grenzabfertigung nach El Salvador (Jutiapa, Guatemala, Mai 2013)
Nun wollen wir endgültig weiter nach El Salvador. Gleich anfangs geht es über einen kleinen Sattel an 2 Vulkanen vorbei -  dem Volcán de Agua und dem Volcán de Fuego, beide 3.760 Meter hoch. Es ist aber komplett zugezogen und nebelig, und wir kriegen daher überhaupt nichts von der spektakulären Kulisse mit.

Dafür geht's einmal auf einer sehr dankbaren Strasse 1200 Meter hinunter. Leider ist das Wetter erstmals seit 2 Monaten mehr als schlecht. Dunkle Wolken hängen in der Luft. Dann gibt's heftigen Regen, den wir teilweise unter einem kleinen Dach abwarten. Aber ansonsten geht's für 30 Kilometer ohne einen Pedaltreter hinunter ins heisse schwüle Tiefland. Die Hauptstrasse CA2 bringt uns zuerst nach Escuintla, einer lauten und heissen Stadt. Am nächsten Tag weiter nach Quichimulilla. Dann haben wir in der tropisch feuchten, schwülen Luft nur mehr 50 km nach Ciudad Pedro de Alvarado zu absolvieren - der Grenzstadt zu El Salvador.

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