TUERKEI II: istanbul-goereme/kappadokien
Türkei
22. Oktober 2002
TUERKEI II: istanbul-goereme/kappadokien
3050 km, goereme/kappadokien
schon nach den ersten tagen in istanbul, nachdem wir uns so richtig erholt und angefressen hatten, begannen wir, ueber den weiteren routenverlauf nachzudenken. da wir am 23.11 in amman (JORDANIEN) sein 'muessen', da wir da auf meine eltern treffen werden, und das landesinnere der tuerkei sehr bergig ist, entschieden wir uns fuer einen relativen direkten weg nach syrien. ueber pamukkale und kappadokien zur grenze. das land ist einfach zu gross und unsere zeit zu begrenzt um die aegaeische kueste oder den osten des landes naeher zu erkunden.am geplanten abreisetag bekomme ich wiedereinmal staerkeren durchfall. wir bleiben noch 2 weitere tage, um erst dann gesund und munter auf weitere fahrt zu gehen. so betreten wir am 30.9. die super-moderne faehre nach yalova, am sued-oestlichen eck des marmara meeres gelegen. gebaut wie eine riesengrosse yacht bringt uns dieses ding in weniger als einer stunde nach yalova. so ersparen wir uns die verkehrshoelle von istanbul - einmal reicht uns fuers erste.
unser weg fuehrte uns fuers erste geradewegs nach sueden. auf strassen, die nicht in unserer karte eingezeichnet sind. so musste es wohl oder uebel passieren. 40 km nach yalova steckten wir fest. eine strasse war ueberhaupt nicht mehr auszumachen, und dort der schmale, steile bergpfad verlief ueber soviele steinsbrocken und wurzel, das wir nach einiger zeit total erschoepft aufgeben mussten. mit dem schwer bepackten drahtesel kommen wir nie ueber die bergkette, und was danach ist, wissen wir auch nicht. so mussten wir umkehren und nahmen andere strassen (die natuerich ebenfalls nicht in der karte vermerkt waren) um doch den iznik goelue (\= iznik see) zu erreichen. als wir abends nach einem zeltplatz ausschau hielten, sahen wir bei einem bauernhaus eine aeltere, nette frau sitzen. aus taktischen gruenden ging bine zu ihr, um danach zu fragen, ob wir auf dem gegenueberliegenden abgeernteten feld unser zelt aufschlagen duerfen. von frau zu frau redet es sich ja doch leichter. 'kamping?', fragt bine vorsichtigt, deutet mit beiden haenden ein zeltdach an und deutet auf das feld. sofort scheucht uns die liebe oma weg, und nuschelt dazu irgendwas unverstaendliches. naja, das war eine herbe absage....
der weg nach iznik war schwere arbeit. die kleinen strassen waren so steil, dass wir gezwungen war unsere raeder sogar ABWAERTS zu schieben, weil wir auf dem durch regen glitschig gewordenen asfalt wegrutschten! abgesehen davon gehoeren diese kleinen strassen, die steil bergauf fuehrten nur um auf der andere seite des huegels wieder steil abzufallen, zu den steilsten, die ich bis jetzt geradelt bin. als wir iznik nach 2 tagen schufterei endlich erreichten, war wir erst 60 km von yalova entfernt - gemessen auf der hauptstrasse.
in diesen ersten tagen nach istanbul war uns das wetter nicht wohlgesonnen. viel, viel regen, wolkig und kaelte. besonders auf den zahlreichen paessen, die wir ueberquerten froren wir wegen der nassen kleidung, dem wind und der kaelte oft bitterlich. der herbst war eindeutig am anatolischen hochplateau eingekehrt. doch trotz alledem machte mir das fahrradfahren grossen spass. nach 10 tagen aufenthalt in istanbul genoss ich das schwitzen, die anstrengung, ja auch das frieren und erschoepftsein nach einem steilen anstieg. ich war einfach froh, wieder 'on the road' zu sein!
als das wetter dann auch besser wurde, war es ueberhaupt super. sonne den ganzen tag, blauer himmel. auch wenn es nachts oft sehr kalt wurde, war es tagsueber meist angenehm bis heiss. wir durchquerten mehrer bergketten und die landschaft in anatolien war fantastisch. gelbe, abgeerntete felder oder braune, schon umgepfluegte felder dominieren das stets huegelig-bergige landschaftbild. einzlne baeume in der landschaft setzen die akzente. sehr schoen! das leben entlang der kleinen strassen, die wir nahmen, war sehr ruhig.
umso hektischer kann es in den staedten zugehen, in denen wir ein paar mal quartier nahmen - iznik, inegoel, nallihan. in letztere stadt sassen wir in einem park, um etwas zu lesen oder u schreiben. ein paar schueler naehrten sich vorsichtig, und es dauerte seine zeit bis der erste sich traute, nach unserem namen zu fragen. es ist naemlich ein beliebtes spiel der kinder, ihr englisch an uns ausuprobieren. 'how are you?' und 'what is your name?' sind die haefigsten saetze. aber auch 'where are you from?' oder alternativ dazu auch 'how are zou from?' sind gern gestellte frage. die philosophische frage 'where are you?', hat mich beim ersten mal bei der antwort zoegern lassen. auf alle faelle dauerte es nicht lange, und der bann war gebrochen. an die 20 kinder umringten uns wenig spaeter, und fragen nach unserem namen prasselten auf uns ein. als der erste schueler eine verlangte unterschrift von mir bekam, war es um uns geschehen. wir gaben laufend autogramme - wie ein popstar nach seinem konzert.
der schwierigkeit der bergigen landschaft kristallisierte sich bald heraus: unser vorwaertskommen! so zwischen 50 und 70 km schafften wir in der regel an einem tag. zu wenig um unser ziel zu erreichen. das verursachte stress und schlechte laune. bine fuehlre sich unter druck gesetzt und gehetzt, ich begann nervoes zu werden, weil ich es vermeiden will, mit dem bus zu fahren. so entschieden wir uns, pamukkale auszulassen. wenn ich in einer sache stur bin, dann betrifft es die wahl des transportmittels. und das habe ich gewaehlt: mein fahrrad. ich hasse es, auf andere verkehrsmittel umzusteigen um voranzukommen. will es mit eigener kraft schaffen! ob es nun regnet, bergauf geht, die strasse schlecht oder alles paletti ist.
die route verlief nun immer direkter nach kappadokien. wir 'streiften' ankara - die hauptstadt der tuerkei- in nur 40 km entfernung. vor ankara hatte ich grosses, grosses pech: ich hatte den ersten platten der tour! grosses pech nicht wegen der anstehenden reperatur. nein, grosses pech, weil ich damit eine wette mit bine verloren habe. die- oder derjenige mit dem ersten platten, ladet zu einem sehr guten abendessen ein. seit diesem tag ist bine tagtaeglich auf ausschau nach einem 3- oder 4-stern hotel...
da am 3. november landesweit wahlen stattfinden, ist der laermpegel des landes noch weiter gestiegen. in vielen staedten und doerfen, die wir nach istanbul passieren, sehen - oder besser gesagt hoeren - wir busse der verschiedenen parteien. ideologische ausrichtung, parteiprogramm hin oder her; das gemeinsame wahlmotto scheint zu lauten: 'je lauter desto besser'! so beschallen sie mit zahlreichen lautsprechern und hunderten von watt die umgebung. verkuenden ihre slogans oder ziehen ihre aufmerksamkeit schlicht und einfach mit ohrenbetaeubender, total uebersteuerten, tuerkischen popmusik auf sich. auf dass jeder die tollen fahrzeuge mit den tuerkischen flaggen, den portraits ihrer spitzenkanditaten und ihren parteilogos sehen kann.
nach ankara fuhren wir auf der E90. aber auf einem extrabreiten pannenstreifen fuer uns allein, und spaeter sogar auf einer eigenen strasse fuer uns allein! auf der alten strasse, die fortwaehrend neben der neuen verlaeuft. das wetter und die landschaft waren ebenfalls ein traum - so macht radeln spass. auf jener strecke produzierten wir einen tag der rekorde: 120 km distanz, ueber 19 km\/h schnitt, 6 1\/2 stunden reine fahrtzeit, und das beste zum schluss: neuer speed-rekord: 64 km\/h!
wir fuhren entlang des tuz goelue. eine weite, ebene und vor allem salzueberzogene flaeche. eine stadt hiess 'sereflikochisar', was ins englische uebersetzt 'salt lake city' bedeutet. kurz vor aksaray verliessen wir die hauptstrasse nach links, um nevsehir anzusteuern. eine der 4 grossen staedte kappadokiens (die anderen sind kayseri, aksaray und nidge). kappadokien ist in der ganzen tuerkei und darueber hinaus bekannt. mehrere vulkane, der groesste von ihnen ist knapp 4000 meter hoch, ueberzogen die landschaft im laufe der jahrtausende mit tuff - einem leichten, weichen vulkangestein. so haben sich im laufe der zeit aufgrund von erosion ganz bizarre felsformation und taeler gebildet. auch die menschn haben sich das gestein zu nutze gemacht, und ihre wohnungen, ja ganze staedte, ins stein gehauen.
wir bezogen an einem halbwegs billigen kampingplatz mitten in goerem - dem touristischen zentrum des gebietes - quartier. und machten das, was wir bei einer pause nach laengere fahrt immer machen: richtig! gut essen, trinken, schlafen und faulenzen. erst nach eniger zeit beginnen wir, uns wirklich fuer die umgebung zu interessieren. und die ist hier wirklich atemberaubend! wir marschierten durchs pigeon valley, in dem goereme selbst liegt. tolle felsformationen! an einem tag goennten wir uns unseren ersten, organisierten tagestrip per bus. dabei besuchten wir derinkuyu - die groesste unterirdische stadt der gegend. bis zu 3000 menschen koennen in diesem acht stockwerk tiefe und mit tausenden gaengen verbundenen labyrint wohnen. ein kompliziertes system von lutf- und kommunikationsschaechten macht es moeglich. toll!! das highlight fuer mich an diesem tag was das lhara valley, ein bis zu 150 meter tiefer, enger canyon. unten mit dichtem, leuchtendem gruen bewachsen. die einsicht in den canyon ist atemberaubend. am abend besuchten wir die pilzkoepfe. nein, nicht die wiederauferstanden beatles, sondern felsformationen, die ausschauen, als haetten sie oben an der spitze ein oder mehrere pilzkoepfe aufgesetzt bekommen. sie erinnern mich im besonderen an die reise, die ich vor rund 15 jahren zusammen mit meiner familie machte. sie sind fuer mich eine art wahrzeichen fuer diese einzigartige landschaft. auch meine mutter hat mich gebeten, 'unsere' felsen von ihr gruessen zu lassen.