Costa Rica
Penas Blancas, La Cruz, Liberia, Las Canas, Tilarán, Arenal, La Fortuna, San Miguel, Puerto Viejo de Sarapiquí, Siquirres, Puerto Limón, Cahuita, Manzanillo, Sixaola
3455 km, Sixaola
Costa Rica wird unter anderem auch als die "Schweiz Mittelamerikas" bezeichnet. Das können wir auf den ersten Kilometern im siebenten Land unserer Tour nicht bestätigen. Die Strasse, der Dreck am Rande davon, die Häuser - es wirkt wie der Süden Nicaraguas. Aber das sollte sich in den nächsten Tagen stark ändern.
Aus diesem Grund kochen wir abends so gut wie immer selber, tagsüber essen wir Brote mit Marmelade oder Käse. Trotzdem können wir unser Budget bei weitem nicht halten.
Als wir uns am nächsten Tag auf den Weg nach Liberia machen, sind wir von der schmalen Strasse, dem hohen Fahrzeugtempo und den ignoranten Autofahrern ordentlich frustiert. 50 Kilometer vor Liberia ist der ganze Highway "under construction". Das macht das Radeln weder leichter noch schöner. Die Ignorantesten unter den ignoranten Fahrern bekommen meinen Mittelfinger zu sehen. Manche würde ich gerne aus ihrer Blechkiste zerren und fragen, ob sie mich umbringen wollen oder es nur in Kauf nehmen würden. Furchtbar!
In die Berge
Zum Glück verlassen wir bei Las Canas die CA1 und biegen nach Osten in Richtung Berge - der Cordillera de Tilarán - ab. Schlagartig ändert sich das Gesicht von Costa Rica. Grüne Wiesen, Weiden, Kühe, Hügel. Häuser im US-Stil, mit gestutztem Rasen, nettem Garten und Pickup in der Einfahrt - aber ohne Zaun und ohne Bewachung! Das haben wir auf der ganzen Reise noch nicht gesehen. Bis inklusive Nicaragua haben sich die Wohlhabenderen einbunkern müssen, inklusive 24-Stunden Securityguards am Gelände.
Allerdings geht es nun ordentlich hinauf. Bine und ich haben starken Gegenwind - zahlreiche Windkraftanlagen deuten an, dass diese Wetterlage keine Ausnahme ist. Abends erreichen wir Tilarán, das schon so auf rund 700 Höhenmetern liegt, und beziehen beim Parque Central ein nettes Quartier. Nudeln mit Tomaten Salsa auf unserem Primus Kocher wird in Costa Rica zu unserem Standardgericht.
Am nächsten Tag bläst der Wind weiterhin kräftig von vorn. Und es gibt ordentliche Auf und Abs, während wir das Ufer der tollen Laguna de Arenal entlang radeln. Es gibt Regenwald neben der Strasse und einige Tiere zu sehen - als Highlight einen wunderschönen Tukan im Sonnenlicht! Wir geniessen das Radeln, die Landschaft, die Kühle hier oben. Das macht Spass.
La Fortuna ist ziemlich touristisch. Es ist der Ausgangspunkt für zahlreiche Aktivitäten im Umland. Wir merken, dass hier viele Kurzzeit-Urlauber aus den USA und Europa unterwegs sind. Viel mehr als in den Ländern davor. Hier trauen sich anscheinend mehr Leute her, um zu urlauben. Costa Rica hat das Image, sicher zu sein. Daher gibt es zahlreiche Hotels und westliche Lokale, mit einem beachtlichen Preisniveau. Am nächsten Tag sehen wir für kurze Zeit den Volcán Arenal, der ganz in der Nähe als imposanter Kegel in den Himmel ragt, frei von Wolken. Eine Rarität, ist dieser doch oft wochenlang in Nebel und Wolken gehüllt. Besonders jetzt in der Regenzeit.
Wieder in die Karibik
Tags darauf geht`s zuerst wieder ins Tiefland, um dann auf kleineren Strassen wieder ein bisschen hinauf am Rand des Parque Nacional Volcán Poás zu radeln. Dieser natürlich wieder standesgemäss in einer dicken Wolkenschicht verhüllt.
Links und rechts der Strassen reiht sich nun eine riesige Bananenplantage an die andere. In grossen Verladestationen werden die Früchte gewaschen und die Stauden zerteilt, verpackt und gleich fix und fertig in Schiffscontainer verladen. Die Kontainerplätze werden immer häufiger, an denen abertausende Kontainer aufeinandergestapelt gelagert werden. "Chiquita", "Del Monte", "Dolé", "Hamburg Süd" oder wie sie alle heissen. Ein riesiger und wichtiger Industriezweig.
Aus diesem Grund schauen wir uns auch den grossen Hafen von Puerto Límon an, an dem die LKW "ihre" Kontainer abliefern, die dann in riesige Schiffe verladen werden. Hier müssen die Schiffe nicht durch den Panamá Kanal, sondern können ungehindert nach Europa reisen.
Cahuita
Die Strasse von Puerto Limón nach Süden ist allerdings wieder sehr ruhig und wunderschön. Immer in Meernähe, zahlreiche Palmen, Regenwald und ein paar Häuser. Hier ist Costa Rica karibisch geprägt. Wieder um einiges einfacher und bodenständiger. Das gefällt Bine und mir.
In Cahuita bleiben wir für ein paar Tage, um die Karibik - ihre Kultur, Kulinarik, Menschen und Landschaft - wohl ein letztes Mal zu geniessen. Und wir werden nicht enttäuscht.
Wir finden ein nettes Hostel und nette Backpacker zum Plaudern. An diesem Wochenende findet hier zufälligerweise ein Calypso-Musikfestival statt. Mit zahlreichen Live-Bands aus ganz Mittelamerika. Calypso ist eine Musik, die aus afrikanischen, kubanischen und karibischen Einflüssen besteht. Wir sind jeden Abend ganz begeistert. Ausserdem sehen beziehungsweise hören wir eine rund 30-köpfige Trommlergruppe, die uns in den Bann zieht. Direkt daneben klingt der Sound, die Präzision, der Rhytmus einfach atemberaubend. Einen ähnlichen Stil kenne ich eigentlich nur von Oludum aus Brasilien, mit denen Paul Simon zusammengearbeitet hat. Aber Live ist so eine Musik natürlich noch einmal ganz was anderes!
Auch kulinarisch wollen wir uns diesmal nicht lumpen lassen und wir spendieren uns ein tolles karibisches Essen. Fisch bzw. Schrimps in Kokosnusssauce, Gemüse und Patacones (zerdrückte, frittierte Platanos (Kochbanane)). Einfach herrlich.
Ausserdem besuchen wir den gleich angrenzenden Parque Nacional Cahuita. Blaues Meer, weisser Strand, anschliessend dichter primärer Regenwald mit zahlreicher Flora und Fauna. An Tieren sehen wir zahlreiche bunte Krabben, Vögel, Iguane, ein Faultier, Affen, Hörnchen...
Manzanillo
Bei der Weiterfahrt bleiben wir in Küstennähe und radeln die kleine Strasse nach Manzanillo. Auf unserer Karte ist eine kleine Linie weiter zur Hauptstrasse eingetragen, die uns dann zur Grenze von Panamá bringen soll. Es ist Sonntag, und der Strand ist voll von Einheimischen aus der Umgebung, die hier ihr Wochenende verbringen. Schwimmend, badend, in der Sonnen liegend, grillend, laut Musik hörend. Wir sind ganz begeistert.
Plötzlich steht Nico, eine Holländerin, vor uns, die uns zu sich einlädt. Sie und ihr Freund Mykal (?) aus Australien sind ebenfalls Radler, und haben seit kurzem ein Hostal inklusive Essenslokal für ein paar Monate übernommen. Wir entschliessen uns gleich, hier eine Nacht zu bleiben. Wir dürfen kostenlos in ihrem Hostal schlafen. So plaudern wir mit dem sehr netten Paar, baden im karibischen Meer und geniessen das rege Treiben in dem wohl sonst so verschlafenen Ort.
Von Nico und Mykal erfahren wir auch, dass unsere geplante Route nicht existiert. Aber sie kennen eine kleine Piste, die wenige Kilometer entfernt durch den Wald führt, und dann wieder auf die Haupstrasse nach Panamá. Das machen wir natürlich auch, schliesslich wollen wir nicht die komplette Sackgasse bis nach Puerto Viejo zurückradeln. Der Weg besteht oft aus tiefem Schotter, ist steil und durch einen heftigen Regen, der uns ereilt, sehr glitschig. Aber es sind nur 9 Kilometer zur Hauptstrasse 36.
Und dann ist es leicht für uns nach Sixaola zu gelangen - dem Grenzort zu Panamá. Unserem letzten Land in Zentralamerika.