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in Vorbereitung: 3onTour!
Russland (Uli)

  
Russische Föderation
10. Juni 2008

Russland (Uli)

16.5. 2008 - 27.5 2008

4496 km, Baku (AZ)

Anapa - Novorossysk - Gelandzhik - Dzogba - Sochi

Schweissnasse Haende

Natuerlich waren wir wieder nervoes. Klar auch, denn jeder Grenzuebertritt (mit Ausnahme vielleicht der grenzfreien Ueberfahrt von Oesterreich in die Slowakei) birgt seine Gefahren. In diesem Fall vor allem in Form unseres Passwechsesl. Mit dem einen sind wir gestartet und enthaelt den ukrainischen Einreisestempel, den anderen haben wir in Simferopol nachgechickt bekommt (unter grossen Anstrengungen haben wir ihn bekommen, ich werde davon noch berichten) und enthaelt das russische Visum. Sollte also den ukrainischen Grenzbeamten das russische Visum interessieren, oder wollen ihre Kollegen auf der anderen Seite den Ausreisestempel zu Gesicht bekommen, muss der zweite Pass her. Und das kann zu Argwohn und Problemen fuehren - und nach den Problemen in der Ukraine wollen wir nicht wieder an einem "Njet"scheitern.
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Bine an der Kueste des Asowschen Meeres (RUS, Mai 2008)
Bine an der Kueste des Asowschen Meeres (RUS, Mai 2008)
Aber alles verlaueft voellig problemlos, das anschwitzen des Leiberls unter den Achseln haette ich mir sparen koennen. Die Ueberfahrt von der Krim, in der Naehe von Kerch, nach Russland dauert nur 15 Minuten. Mit dabei auch ein paar Ukrainer, die als ukrainische Verterter zur Europameisterschaft von Tennisball nach Sochi fahren. Tennisball - Fussball auf einem Tennisplatz. Duerfte eher eine Spassveranstaltung sein, denn die Sportler haben vor und auf der Faehre so einige Biere zu sich genommen. Der Trainer konnte sehr gut deutsch, und half uns ein wenig beim Ticketkauf und den Grenzbeamten. Erleichtert verliessen wir auf russischer Seite die Grenzgebauede, russische Rubel waren schnell getauscht und bei bestem Wetter radelten wir die ersten Kilometer in Russland! Auf der rechten Seite das Schwarze Meer, auf der linken Seite das Asowsche Meer. Der Lebensstandard scheint hier hoeher - die Strassen waren besser, und das Preisniveau etwas gehobener. Ansonsten aendert sich fuer uns nicht viel - freundliche Menschen, kyrillische Schrift und praktisch die gleiche Sprache.

Der Sommer kommt

Die erste Nacht verbringen wir im Freien auf einer Anhoehe, unter uns ein idyllischer See, die Sonne versinkt blutrot hintern den Horizont. Doch ploetzlich ueberfallen uns hunderte Gelsen, und uns bleibt nichts anderese ueber als moeglichst schnell das Zelt aufzustellen. Nix mit Sterne bewundern heute Nacht. Am naechsten Tag kommen wir nach Anapa, und versuchen gleich unser Visum registrieren zu lassen. Denn spaetestens nach 72 Stunden im Land muss man sich registrieren lassen, das wissen wir. Darum habe ich gleich die erste Polizeikontrolle dazu genutzt, uns den Namen der Institution, die dafuer zustaendig ist, aufschreiben zu lassen. Und ja, in Anapa ist das moeglich, und ja, am Samstag hat das Buero offen. Wir vergeuden einen halben Tag, das Amt ausfindig zu machen, um schliesslich zu erfahren, dass es heute geschlossen ist. Also werden wir es am Montag versuchen muessen, in einer anderen Stadt, denn unsere Visa laufen in 11 Tagen aus, da muessen wir auf alle Faelle von Sochi mit der Faehre Richtung Georgien unterwegs sein.
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Ein Uebernachtungsplatz an der russischen Kueste (RUS, Mai 2008)
Ein Uebernachtungsplatz an der russischen Kueste (RUS, Mai 2008)
Diese Faehre muessen wir nehmen, da der Kaukasus fuer Touristen an keine Stelle, auch nicht bei Aserbaidschan, am Landweg zu Ueberqueren ist. Dort liegen Gebiete wie Tschetschinien, Ossetien, Abchasien und Berg-Karabach. Alles Unruhe- und Konfliktherde, die man auch aus den Nachrichten kennt. Die Fahere umfaehrt am Seeweg Abchasien und faehrt bis nach Batumi in Georgien, knapp an der tuerkischen Grenze gelegen. Das Wetter ist erstmals auf dieser Tour richtig sommerlich heiss, und das Mitte Mai. Schnell nehmen wir sommerlich Braeune auf, und das blaue Schwarze Meer zur rechten Seite vermittelt uns erst Recht ein richtiges Urlaubsfeeling.
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Wunderschoene Kuestenstrasse - auf dem Weg nach Sochi (RUS, Mai 2008)
Wunderschoene Kuestenstrasse - auf dem Weg nach Sochi (RUS, Mai 2008)
Die Kuestenstrasse verlaueft rund 500 Kilometer nach Sueden bis nach Sochi. Sie ist wunderschoen, immer wieder tolle Ausblicke aufs Meer. Leider ist sehr, sehr viel Verkehr, und so sind wir am Radl vor allem auf unseren wertvollen Rueckspiegel fixiert, denn vor allem bei den vielen LKWs muss man des oefteren etwas ausweichen. Und vor allem - die Strasse ist sehr bergig. Es gibt wenige Abschnitte die eben verlaufen, entweder es geht runter oder rauf. Und das permament. So teilen wir uns die Tage kilometermaessig "gemuetlicher" ein, denn so nebenbei machen wir einige Tausend Hoehenmeter auf dem Weg nach Sochi.

Stampa, Stampa

Am Sonntag fahren wir durch die groesste Stadt an der Kueste, Novorossysk. Waere wahrscheinlich gut fuers Visum registrieren, aber was solls. Wir muessen weiter. Abends schlafen wir im Freien an einem Strand, das Meer mit vor Anker liegenden, beleuchteten Schiffen, warmer, angenehmer Wind und Sterne. Wunderschoen. Montags erreichen wir am Vormittag Gelandzhik, unsere Schicksalsstadt. Wir begeben uns gleich zur Registrierungsstelle und hoffen das gleich erledigen zu koennen um weiterzuradeln. Doch - das Amt ist geschlossen. Morgen wieder. So nehmen wir wohl oder uebel ein Hotel, die Preise sind ziemlich gehoben, viele Russen verbringen hier ihre Ferien. Um 40 Euro (!) pro Nacht ergattern wir das billigste von denen. Mit diesem Geld sind wir normalerweise 3-4 Tage unterwegs.
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Promenade in Anapa (RUS, Mai 2008)
Promenade in Anapa (RUS, Mai 2008)
Am naechsten Tag komme ich ins Amt hinein, Menschenschlangen vor jedem Zimmer am Gang, Warteraeume gibt es nicht. Als ich endlich ins richtige Buero kam, Kopfschuetteln von der unfreundlichen, herrischen Beamtin. Sie textet mich mit Russisch zu, irgendwas von Hotelregistrierung hab ich verstanden. Also zurueck zum Hotel, und eine Ubernachtungsbestaetigung abgeholt. Eine halbe Stunde vergeht dabei, weil ein Stempel nicht aufzutreiben war. Nach einer Stunde war ich wieder im Buero der lieben Beamtin, ich geb ihr die Hotelbestaetigung. WIeder Kopfschuetteln und "Njet". Sie ruft einen hoeheren Beamten zu sich, er wuerdigt mich keines Blickes, und eine andere Sprache ausser Russisch kann er auch nicht. Ich werde etwas lauter, denn heute ist die absolut letzte Moeglichkeit, uns termingerecht zu registrieren. Schliesslich und endlich wird mir ein Beamter zugeteilt, der mich mit seinem weissen Lada wieder zum Hotel faehrt. Dort wird verhandelt, anscheinend muss das Hotel uns registrieren, aber anscheinend ist dieses Hotel dazu nicht imstande. Wieder vergeht einige Zeit. Ein weiterer Mann erscheint, dafuer verschwindet der Polizist, der anscheinend froh ist, diesem aussichtlosem Unterfangen entflohen zu sein. Samuel, so heisst der nette neue Mann, hat einen schwarzen, brandneuen Toyota. Immerhin faehrt sichs so bequemer zwischen Polizeistelle und Hotel hin und her. Es ist schliesslich schon nach Mittag, aus dem geplanten Weiterfahren wird wohl nichts mehr werden. Das frustrierende an der Sache ist auch, dass wir - Bine passt den ganzen Tag auf unsere bepackten Raeder auf - nie wissen ob wir auch nur annaehrend am richtigen Weg sind oder nicht. Mit Samuel und seiner Schwester gehen wir zu einem anderen Buero, das fuers Ausfuellen von Formularen zustaendig ist. Allerdings schliessen die, und wir treffen uns im 15 Uhr wieder dort. Dort kommen erstmals unsere Paesse ins Spiel, und die Daten werden in Formulare eingetippt. Dann warten wir wieder eine Stunde vor dem Amt. Dann gehe ich mit Samuel wieder zu der charmanten Beamtin. Diesmal schuettelt sie nicht den Kopf. Formulare werden verglichen, gestempelt. Was weiss ich. Aber um 17 Uhr halten Bine und ich die Registrierung in Haenden. Wir habens geschafft! So gehts am naechsten Tag endlich weiter. Erleichtert und ueberzeugt, alles erledigt zu haben. Wir ahnen nicht, dass man sich spaetestens alle 3 Tage immer und immer wieder registrieren lassen muessen. Wuessten wir das, so haetten wir mehr Gas gegeben.
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Bine auf dem Weg nach Sueden richtung Sochi (RUS, Mai 2008)
Bine auf dem Weg nach Sueden richtung Sochi (RUS, Mai 2008)
Denn so geniessen wir das heisse Wetter, und legen uns am Nachmittag oefters ans Meer und lassen uns braeunen. Die Steigungen habens in sich, wir schwitzen unsere Kleidung nass, aber die Strecke ist sehr schoen. Wildkampierplaetze zu finden war nicht immer leicht, das das Gelaende sehr steil ist, und ausserdem teilweise besiedelt. Aber wir finden immer ein Plaetzchen fuer uns.

Der Albtraum beginnt

Kurz vor Sochi wird das Wetter schlecht und es faengt zu regnen an. 3 Stunden suchen wir nach einem leistbaren Hotel. Und tatsaechlich finden wir eines - fuer "nur" 20 Euro, und direkt am Meer. Das freundliche Personal checkt die Paesse. Und dann faengt der Albtraum an.
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Olympische Winterspiele 2014 in Sochi (RUS, Mai 2008)
Olympische Winterspiele 2014 in Sochi (RUS, Mai 2008)
Die Registrierungsfrist ist abgelaufen, wir haetten uns frueher registrieren haetten lassen. Jedes Hotel muss anscheinend ihre Gaeste bei der Registrierungsstelle melden. Der Hotelverantwortliche fuer Registrierung telefoniert herum. Schon wieder Probleme, ich kanns schon nicht mehr ertragen. Weiters steht auf unserem Visum auf Russisch "Hauptort Moskau" und das gibt grosse Probleme bei der Ausreise, das ginge nur von Moskau aus. Und drittens haben wir ein Einfach-Visum, und damit kommen wir unmoeglich nach Georgien. Das versichert er uns. Und aus allen diesen Gruenden koenne wir in ihrem Hotel leider nicht uebernachten. Ich verfalle. Ich hab genug. Ich hasse diese russische Buerokratie. Nach alle was wir durchgemacht haben, glauben wir das was der uns erzaehlt. Unsere Reise ist ernsthaft gefaehrdet. Denn fix laueft unser Viusm in 2 Tagen ab, und dann haben wir wirklich ein ernsthaftes Problem. Sollten wir irgendwie fliegen muessen, waere das mit unseren Raedern eigentlich nicht machbar. Ich sehe keine Ausweg mehr. Es wird daemmrig, und es regnet. Nun muessen wir einmal einen Schlafplatz finden. Es wird uns ein "privates" Hotel empfohlen, das anders registrieren muss. Wir radeln hin, die gleich Prozedur, wir haben die Registrierungsfrist ueberschritten. Aber sie koennen aushelfen, sie setzt ein Schreiben auf, dass wir mit dem Fahrrad fahren und blabla. Wir unterschreiben. Und bekommen eine Registrierung in die Hand gedrueckt, die allerdings anders aussschaut
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Blick von unserem Hotel auf Sochi (RUS, Mai 2008)
Blick von unserem Hotel auf Sochi (RUS, Mai 2008)
als unsere erste. Fuer stolze 80 Euro pro Nacht haben wir ein schuetzenden Dach gefunden. Es regnet in Stroemen draussen, und drinnen sind meine Gedanken truebe. So viel Geld ausgeben fuer nichts. Ich schlafe fast gar nicht mehr, und bin sehr depressiv. Am naechsten Tag wollen wir das Faehrticket nach Batumi in Georgien kaufen. Hoffnungsvoll reichen wir der Kassierin die Paesse. Nach einigen Blicken greift sie zum Telefonhoerer. Die Probleme gehen erwartungsgemaess weiter. Kein Faehrticket, zuerst Registrieren. Die neue Registrierung vom Hotel ist nichts wert. Morgen laeuft unser Visum ab. Wir werden zur Registrierungsstelle gefuehrt. Geschlossen. Also warten wir davor. Die Zeit draengt. Eine zivil-gekleidete Frau verlaesst das Gebauede. Wir fragen nach der Registrierung. Sie fuehrt uns ins nahegelegene Cafe, dort sitzen ein paar ebenfalss in Zivil gekleidete Maenner beim Kafe. Unsere Paesse werden begutachtet, es wird angedeutet dass wir uns setzen sollen. Nach einiger Zeit gehts zum Hafen, in anscheind ihr Buero. Die duerften etwas damit zu tun haben, wir beginnen zu hoffen. Formulare werden ausgefuellt. Daten aufgenommen. In 2 Stunden sollen wir wiederkommen. Wir warten uns sind nach 2 Stunden wieder beim Hafen. Der Oberchecker geht mit uns zum Ticketschalter.
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Regen in Sochi - passt gut zu unserer damaligen Stimmung (RUS, Mai 2008)
Regen in Sochi - passt gut zu unserer damaligen Stimmung (RUS, Mai 2008)
Ich habe keine Hoffnung, denn ohne Registrierung gibts da normalerweise ein "Njet". Es wird diskutiert, und die Kassierein verweist auf die fehlenden Registrierung. Na bitte, denk ich mir. Doch ploetzlich beginnt sie, die Faehrtickets auszustellen, und ploetzlich halten wir die Tickets in der Hand. Der erste Schritt ist getan! Zurueck beim Hafen, muessen wir - wir haben es geahtn und gehofft - je 60 Euro Strafe wegen der fehlenden Registrierung zahlen. Nun ist das mit der Registierung auch erledigt. Und wegen Visum sagen sie nichts, und wir vertrauen darauf, dass sich die auskennen. Sonst haetten sie uns kein Ticket verschafft. Wir schoepfen Hoffnung. Morgen geht die Faehre, und wir sollen davor zu Ihnen kommen. Das klingt sehr gut. Als Dank kaufen wir ein paar Flaschen Bier und stellen sie in ihr Buero. Da wird sogar der strengblickende, aber sehr nette, Oberchecker ganz verlegen. Trotzdem schalfe ich schlecht. Es steht einfach zu viel auf dem Spiel. Am naechsten Tag sind wir dort, und endlich tauchen unsere Vertrauten auf. Das gibt uns Sicherheit. Unsere Hauptsorge: wir haben nach der Strafe keine Registrierung bekommen, und keinen Beleg dass wir Strafe gezahlt haben. Aber wir vertrauen unserem Oberchecker.

Ab in die Freiheit

Wir gehen durch den Zoll. Keine Probleme. Passkontrolle. Keine Probleme. Aufs Schiff. Keine Probleme. Wir habens geschafft, wir sind endlich raus aus Russland!! Nie wieder!
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Geschafft! Endlich raus aus Russland! (RUS, Mai 2008)
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