das netz II
5220 km, cairo (EGYPT)
faeden - bestehend aus skurrilen begegnungen, lieber hilfeleistungen und aufopfernden bemuehungen - ergeben ein netz der naechstenliebe, das mich auf meiner reise traegt.
faden VI
spaeter vormittag. wir sitzen unter einem sonnenschein in einem cafe. uns geluestet nach einer kleinigkeit zum essen. daher bestellen wir zum obligaten tee je einen chickenburger, explizit ohne mayonnaise. wenig spaeter erhalten wir einen burger mit einer undefinierbaren wurst und viel mayo drinnen. dafuer ist internet, das wir spaeter in diesem lokal benutzen, fuer uns kostenlos.
faden VII
mittagessen in einem einfachen lokal. ich gebe bine einen pfefferoni zum kosten. die schaerfe dieses gemueses ist naemlich sehr unterschiedlich - von ganz mild bis sehr scharf ist uns schon alles untergekommen. dieses ritual gehoert zu den vielen kleinen running-gags zwischen bine und mir. sie beisst ein bisschen davon ab, kaut herum und gibt mir - ohne das gesicht zu verziehen - gruenes licht: nicht scharf. ich warte noch ab; beobachte ihr gesicht; grinse sie an. 'dann iss sie halt nicht', unterbricht bine mein zoegern und schuettelt gleichgueltig ihren kopf. das provoziert mich und ich mache einen grossen bissen in die frischgruene pfefferoni.
sofort feuer im mund. schmerzen. geschmacksnerven tot. traenen in den augen. 'schwein!' aechze ich noch und versuche mit cola und brot die schaerfe in meinem mund zu mildern. die einheimischen rundherum im lokal grinsen. ploetzlich steht ein beleibter mann neben mir, spricht irgendetwas unverstaendliches und klopft mir troestend auf die schulter. es ist der koch des hauses. was fuer eine niederlage.
faden VIII
wuestensand wirbelt durch die luft. die holzhuette wird von einem zaun umgeben. ueber dem eingang haengen geweih und eine holztafel. 'baghdad cafe' steht dort geschrieben. zahlreiche windspiele, gefertigt aus leeren coladosen, rattern auf der veranda des hauses. scheinbar verlassen. menschenleer. mitten in der wueste.
wer 'out of rosenheim' kennt, aus dem der name des cafes stammt, kann sich vorstellen wie es hier aussieht: wie im wilden westen. doch anstatt hartgesottener misstrauischer cowboys lernen wir zwei sehr freundliche beduinen kennen. wir duerfen bei ihnen schlafen und essen. abends am waermenden ofen wird uns ein neues spiel gelehrt. unter ihren anleitungen spielen bine und ich gegeneinander. mehr schlecht als recht kaempfen wir uns zum ersten mal durch die neue denkweise und regeln des spiels. zum schluss, als ich zwei moegliche spielvarianten offen hatte, entscheide ich mich wohl fuer die falsche. das personal vom 'baghdad cafe' schlaegt die haende ueber dem kopf zusammen. nach ende des spiels erfahre ich, dass ich eine seltene, fast einmalige gelegenheit ausgelassen habe, haushoch zu gewinnen. wie ein stuermer, der im fussball nur noch den ball ueber die torlinie druecken muss, um weltmeister zu werden. wie peinlich...
faden IX
eine sanitaetsstation. gleich neben dem highway. 30 kilometer vor der stadt. wir fragen nach einem zeltplatz und erhalten gleich zwei betten. fuenf leute absolvieren dort ihren nachtdienst: der fahrer des rettungsautos, der sanitaeter, der koch und zwei junge soldaten, die wohl ihren dienst hier absolvieren.
freundlich werden bine und ich aufgenommen. wir bekommen gleich fuers erste zwei fertige stationsessen im plastikbehaelter, und etwas spaeter duerfen wir in ihrer runde abendessen. jeder bekommt fladenbrot, das gleichzeitig als besteck dient, und bedient sich damit aus verschiedenen gerichten in der mitte: reis, linsen, gemueseeintopf, haehnchen, suppe und sosse. das 'rote halbmondsichel' (bei uns das christliche 'rote kreuz') personal kann so gut wie kein englisch. trotzdem klappt die kommunikation irgendwie.
der sanitaeter und der fahrer werfen dem koch knallfroesche in die kueche. ich wage ein kartenspiel und verliere natuerlich. abends fahren wir mit dem rettungsauto durch eine riesige, neue satellitenstadt, in der noch fast alle wohnungen leer stehen. eine kleine spazierfahrt zum kiosk.
im bereitschaftsraum sind immer wieder die knackenden geraeusche diverser meldungen vom funkgeraet zu hoeren. nicht leicht, denn gleich daneben laeuft ein fernseher in voller lautstaerke. es wird geraucht, tee getrunken und geredet. wir realisieren langsam, dass das hier auch unser nachtlager sein wird. bei vollem betrieb schlaeft der eine oder andere des personals ein wenig. wir versuchen es auch. ruhe oder intimsphaere gibt es hier nicht.
nach einer fast schlaflosen nacht, kriegen wir am morgen noch tee serviert. sie laden uns ein, noch eine nacht zu bleiben, oder zumindest bei der weiterfahrt noch einmal vorbeizuschauen. sehr liebe leute vom 'roten halbmondsichel'.
faden X
gegenueber unseres hotels hat ein felafel-stand 24 stunden geoeffnet. trotz ramadan werden hier zu jeder tages- und nachtzeit die koestlichen, saettigenden fladenbrotsandwiches feilgeboten - gefuellt mit fritierten getreide-baellchen, ei, pommes frittes, sauce, paradeiser, gurken und gewuerze. zu einem spottpreis von nur 25 cent!
ich zieh mir jeden tag so 3 von den dingern rein. 5 tage naechtigen wir in dem hotel. als bine und ich am abreisertag mit den wieder bepackten raedern wegrollen, ein blick zurueck zu meinem felafel-stand. das personal sieht mich und winken mir unisono zum abschied. freudig ueberrascht winke ich zurueck. die haben nun wohl einen ihrer besten kunden verloren...