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radreisen
in Vorbereitung: 3onTour!
der wahnsinn der strasse

  
Bulgarien
8. Oktober 2002

der wahnsinn der strasse

2605 km, nallihan (TR)

quietschende reifen.vollbremsung eines autos. angstschrei des hundes. fast zur selben zeit. dann ein dumpfer aufprall. erbaermliches jaulen. dann stille.

mitten auf der strasse der hund. sein vorderfuss in der luft. er bewegt sich. leichte zuckungen. wir muessen an dieser erbaermlichen, sterbenden kreatur noch vorbei radeln. ganz aussen und ohne eines blickes rollen wir vorbei. der hundekoerper gibt leises jaulen von sich, furchtbar! ein bus kommt vollgas heran, zermalmt den kleinen koerper mit seinen breiten zwillingsreifen. die arme kreatur ist von ihren qualen erloest.

splitter ueber die ganze strassenbreite verteilt. ich bewege mich an einer erst sehr kleinen autoschlange vorbei. der unfall muss erst vor kurzem passiert sein. beim naeherkommen sehe ich einen blauen lieferwagen, der frontal mit einem blauen pkw verkeilt ist. die insassen der unfallfahrzeuge stehen in einigem abstand vom unfallort scheinbar gleichgueltig herum. warten anscheinend auf die polizei. als ich die beiden wracks passieren will, steige ich ab. schiebe mein fahrrad vorsichtig ueber den glassplitterteppich. aus dem blechhaufen dringt ein stoehnen. waehrend ich den blick hebe, ahne ich bereits das grauen. sehe reglose menschen mitten in dem haufen aus blech und glas. die vorderfront des pkws ist komplett zusammengefaltet, die vordersitze gegen die motorhaube gepresst. doch - nein! - zwischen den sitzen und der motorhaube haengen zwei reglose koerper! ihre koepfe haengen bewegungslos herunter. unfaehig sich zu bewegen. eingeklemmt in blech. o gott! wo muessen ihre beine sein? sind sie ueberhaupt noch am leben? auf der rueckbank liegt ein junger mann. blutueberstroemt aber scheinbar bei bewusstsein. das stoehnen, jammern einer frau kommt aus dem blauen lieferwagen. ebenfalls zusammengefaltet. ihr koerper eingeklemmt.

das absolute grauen ueberkommt mich. entsetzen. will weg. kann nicht helfen. die feuerwehr muss die koerper aus den wracks herausschneiden. was soll ich tun? soviel leid habe ich noch nie erlebt - einfach grauenhaft.

ich schiebe weiter. nun an der autokolonne auf der anderen strassenseite vorbei. die insassen vertreten sich bei der unerwartetetn zwangspause die fuesse. wahrscheinlich ebenso unfaehig zu helfen wie ich.

zusammen mit bine rolle ich mit den raedern langsam weg. weiter das schmale, wunderschoene tal entlang. auch meine reisepartnerin ist entsetzt. ebenfalls mit schuldgefuehlen beladen nicht geholfen zu haben, nicht helfen zu koennen. die strasse ist nun komplett leer. kein verkehr. absolute stille. der wahnsinn der strasse ist gestoppt.

wenn auch nur fuer kurze zeit. die umgebung, die menschen, die mir nachher begegnen, ja die baeume und straeucher am strassenrand. alle scheinen betroffen zu sein. scheinen in sich zu gehen, scheinen nachzudenken und scheinen froh zu sein, unversehrt am leben sein zu duerfen.



2 stunden spaeter rast wieder der ganz normale wahnsinn an uns vorbei.
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