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radreisen
in Vorbereitung: 3onTour!
INDIEN III: pune - bhopal

  
Indien
16. Mai 2003

INDIEN III: pune - bhopal

7513 km, bhopal (INDIEN)

route: pune-aurangabad-ajanta-jalgaon-buhranpur-kamdhwa-hoshangabad-bhopal



die 1,2 mio-stadt pune kann man als ganz kleinen bruder von mumbai bezeichnen. es liegt gerade noch in annehmbarer entfernung zur millionenstadt am arabischen meer, und hat vielleicht daher etwas den flair einer modernen, indischen stadt. erreicht haben wir diese mit dem bus von ratnagiri aus, unseren abstecher per rad nach goa wollten wir nicht wieder retour-radeln. indien ist kein radler-paradies.

viel zu sehen gibts nicht in pune, aber wir geben uns 'pizza hut' und 'barista' (eine westliche kaffeehauskette). ist zwar teuer und etwas abgehoben, doch bine und mir ist das egal. die gelegenheiten, gut und nicht-scharf zu essen, wollen wir uns nicht entgehen lassen.

an den ersten beiden radler-tagen machen wir noch den fehler, erst um 1\/2 acht uhr morgens los zu kommen. bereits um 9uhr wird es fast unertraeglich heiss. so um die 45 grad hat es dann nachmittags im schatten. keine feucht-schwuele luft wie mumbai-goa, sondern eine trockene, aber unbarmherzige gluthitze. was ich noch nicht an mir gekannt habe: ich leide ungewohenlich unter der hitze. verspuere sehr rasch keinen apettit mehr, und dann gehts bergab.

am ersten tag radeln wir 95 km, sehr gut fuer die verhaeltnisse. der verkehr haelt sich zwar in grenzen, aber die fahrweise ist schon abenteuerlich. der schwaech muss ausweichen, und ueberholt wird grundsaetzlich immer, unabhaengig von der sicht. scheinbar auf 'wird-schon-gut-gehen'. muss in den ersten tagen viel an franz karl denken, der vor gut einem jahr in indien waehrend seiner fahrradwelttour einen schweren unfall hatte. eine jeep knallte frontal auf ihn. jetzt - zurueck in wien - geht es ihm wieder halbwegs gut.

die hotels speichern richtiggehend die hitze unf geben sie in der nacht nach innen ab. es ist stickig, und trotz deckenventilator, der in indien grundausstattung eines jeden raumes ist, ist es unertraeglich heiss. wir bespruehen uns alle 2 minuten mit wasser aus unserer extra dafuer gekauften spruehflasche. die verdunstungskaelte tut gut. aber leider nur fuer sehr kurze zeit. draussen ist es morgens richtiggehend angenehm.

wir radeln zwar nur bis 11-12 uhr mittags, und ab 5 uhr wieder, aber es ist eine qual. an der ohne hin nicht sehr interessanten landschaft kann ich in der hitze ueberhaupt nichts abgewinnen. und das uebliche ueberholspiel nervt dann auch. es geht so: bine und ich ueberholen natuerlich laufend langsame einheimische radler. diese koennen es nicht ertragen, ueberholt zu werden, vor allem nicht von einer kleinen, schwachen frau. daher steigen sie in die pedale was geht, das alte, ganglose stahlross quietscht und rasselt. und kaum haben sie uns ueberholt, geht ihnen die luft aus. wir uebrholen wieder und das ganze geht von neuem los.

das essen tut ein uebriges, dass ich nicht zu kraeften komme. scharf gewuerzt kriege ich es beim besten willen nicht hinunter. ich kanns einfach nicht. deswegen weichen wir - auch bine -wenn geht auf gemuese- oder eierreis aus, der aber oft - trotz hinweis von uns - scharf daher kommt. die nacht ist auch keine erholung ob der stickigen hitze in den hotels, oft unter moskitonetz, der sogar die zugluft der deckenventilatoren filtert. indien ist fuer mich ein hartes pflaster. super sind die vielen juice-staende, wo man fuer 5-10 rupien (10-20 cent) lecker, frisch -gepresste fruchtsaefte bekommt. ananas, mango, mosumbi. das baut mich (zumindest seelisch) wieder etwas auf.

einen tag vor aurangabad stehen wir um 5 uhr. ich kann mir fast nicht vorstellen, die 70 km in die grosse stadt zu schaffen. draussen hoere ich gesaenge, wir sind in einem hinduistischen pilgerort. es klingt sehr schoen.

der tag wird lang, aber ich komme an. in aurangabad - rund 250 km von pune entfernt - bin ich dann allerdings am ende. bine traegt das gepaeck hinauf. ich lege mich gleich nieder. naechsten tag geben wir uns noch die 'kleine ausgabe' des taj mahal. sieht von aussen sehr nett aus, wir wollen allerdings nicht den 20-fachen eintrittspreis der inder zahlen und bleiben ausserhalb. am nachmittag gehts mir dann schlecht, bekomme 38 grad fieber, und nachts muss ich erbrechen (denke zuerst ich erbreche blut, aber es war nur die wassermelone vom nachmittag). naechsten tag fahrt ins spital. nach blut- und urintest steht die diagnose: dehydration! der arzt bietet mir auch an, fluessigkeit intravenoes zu bekommen. das lehne ich aber dann doch ab. er verordnet 3-5 tage pause vom radeln, einige medikamente und wenn geht umzug in ein A\/C (airconditioned) hotelzimmer. wir tun alles wie befohlen. besser gesagt bine, denn ich bin echt am ende. sie packt mein gepaeck, tragt alles runter, die liebe. dann schleichen wir langsam per rad in ein besseres hotel, und zahlen acht euro fuer eine A\/C-DZ.

so lassen es wir uns gut gehen. wir haben sogar fernsehen, schaue u.a. SNATCH , auch ein bisschen fussball. vor allem englische liga ist sehr verteten in indien. nach fast 9 monaten TV-los eine nette abwechslung. und wir koennen wieder richtig gut schlafen.

waehrend der ruhetage in aurangabad erscheint auch ein artikel ueber uns in einer zeitung. der erste ueberhaupt von dieser tour! im spital hat mich ein journalist angesprochen, oberflaechlich ein paar fragen gestellt. in meinem delirium habe ich ihm vor allem zu verstehen gegeben, dass indien verdammt heiss ist. naechsten tag kam dann noch ein fotograf, und 2 tage spaeter war er fertig. in 'sakal' (www.esakal.com) einer (angeblich sehr populaeren) zeitung, die im ganzen landesteil maharashtra erscheint. allerdings nur in mahrati sprache, dafuer mit farbfoto. lasse mir den artikel daher im hotel etwas uebersetzen. der kleine graue kasten in der berichmitte, handelt vom radeln in der hitze indiens...

nach 4 tagen fuehle ich mich wieder gesund, und wir radeln nach ajanta. 100 km. trotzdem nehmen wir uns 2 tage zeit, und radeln nur von 6 bis 11 uhr. ich schiebe etwas panik wegen der hitze. ich kann mir nun gut vorstellen, warum regen auch was sehr gutes und schoenes sein kann. warum die regenzeit oft so herbeigesehnt wird. nicht nur wegen der landwirtschaft, auch die temperaturen sind im juli\/august niedriger als jetzt. ich sehne wolken herbei. aber sie kommen nicht. trotzdem erreichen wir gut ajanta.

ajanta - neben ellora sehr beruehmt fuer die hoehlen, die eigentlich in den fels gehauene tempel sind, von denen einige wunderschoene fresken besitzen. diese liegen fantastisch in einem engen, steil ansteigenden canyon, das an dieser stelle auch noch einen hufeisenartigen knick macht. in und nach der regenzeit muss es noch toller aussehen. da ist alle rundherum dicht-gruen bewachsen, und das wasser schiesst den hang hinunter, direkt an den hoehlen vorbei. jetzt ist alles verdoerrt und trocken - und natuerlich HEISS, HEISS, HEISS. interessant ist auch die geschichte dazu. die hoehlen sind einige jahrhunderte in vergessenheit geraten und vom dschungel ueberwachsen worden. britische offiziere haben sie dann waehrend einer tigerjagd entdeckt. etwas spaeter, als man den wert der tempel erkannt hat, sendete man einen kuenstler, den briten robert gill, dorthin, um die malereien zu dokumentieren. 27 jahre hat er dort verbracht, aermlich in einer huette gewohnt und - fast besessen - alle fresken abgemalt und nach london geschickt. 1766 sind fast alle bei einem brand vernichtet worden. er verbrachte dann nochmals 5 jahre dort, verstarb aber dann krank und verbittert. ein echtes schicksal.

wir haben weiterhin unsere wehwehchen. ich eine laestige, schmerzhafte blase auf der linken fusssohle, die bine immer wieder aufsticht und verbindet. und bine hat schmerzen am rechten handgelenk. in der nacht wird der schmerz so gross, dass an ein radeln nicht zu denken ist. da es hier keinen arzt gibt, nehmen wir einen jeep in das 60 km entfernte jalgaon. dort angekommen begeben wir uns gleich zunm arzt. nach einem roentgen steht fest: nichts gebrochen, sonder wohl die sehne entzuendet. sie traegt press-verband und nimmt einige medikamente. wir sind erleichtert, aber ein paar ruhetage sind wieder angesagt. zu sehen gibts hier eigentlich nicht, aber gutes essen, internet und ein annehmbares hotel was die hitze betrifft. die A\/C sind hier zu teuer.

wie ueberall leiden wir unter den zahlreichen stromausfaellen. da gibt es zum einen die geplanten, regelmaessigen sogenannten 'power cuts', bei denen zu fixen zeiten der strom ausgeschaltet wird. die zeitplaene haengen ueberall aus. und dann die ungeplanten. je nach stadt und gegend sind das mehrere stunden am tag zusaetzlich. vor allem der ausfall der deckenventilatoren schmerzen, so steht dann, auch nachts, foermlich die luft im raum.

hin und wieder goennen ich mir ein bier, mit rund einem 1 euro fuer 0.66 liter fuer lokale verhaeltnisse sehr teuer. hier in madhya pradesh ob der hoeheren steuern noch mehr. alkohl hat in indien einen ganz anderen stellenwert. grundaetzlich wird sehr wenig davon getrunken. aber die, die trinken trinken verdammt viel. und vor allem hochprozentiges, das billiger als bier ist. die seperaten sogenannten 'wine-shops' oder 'permit-rooms' sind oft hinter gitter, viel inder holen in sichtgeschuetzen behaeltern whiskey-flaschen ab. und es scheint nicht nur so, als wuerden hier lediglich die alkoholiker 'abgefuellt' werden. den menschenansammlungen abends vor den wine-shops gehen wir aus dem weg. wir sehen auch tagsueber sturzbetrunkene menschen, die davon abgebracht werden, sich auf ihr motorrad zu setzen, wenn sie das ueberhaupt noch schaffen. ich denke, versteckter alkoholismus ist weit verbreitet in indien.

nach 4 tagen ist bine wieder fit, ihre hand soweit verheilt, um weiterradeln zu koennen. aber das radeln bleibt ein kampf. wir verlassen maharastra, und betreten den dritten bundesstaat indiens - madhya pradesh. und die strassen werden schlagartig zu schotterstrassen 'under construction' oder horrenden 'asfalt'-strassen. mit dem haben wir nicht gerechnet. in kandhwa, nach rund 170 km und 2 tagen ist wieder sense bei mir. absolut erschoepft und am ende, bleiben wir in der stadt fuer 2 tage. der koerper bestimmt hier den reiserhythmus, und mehr geht fuer mich momentan einfach nicht. bine tut sich leichter, aber auch sie leidet.

halten wir in kleineren orten oder staedten, um trinken und essen nachzutanken, werden wir von einer menschenmasse umringt. 70 inder zaehle ich. geredet wird gar nicht viel, nur gestarrt. jede bewegung von uns scheint interessant zu sein. andersrum finden wir es immer wieder komisch, inder dabei zu beobachten, wie sie in gruppen ihr grosses geschaeft verrichten. gleich bei ihren huetten hocken sie zu dritt, viert am boden und scheissen. in murud am arabischen meer, auf dem weg nach goa, sahen wir viele exkrementhaufen am strand herumliegene. zuerst dachten wir noch an die zahlreiche hunde dort, aber als wir dann 5 inder beim wasser hocken sahen, klaerte sich die lage. so haben sie gleich wasser bei der hand, und die flut bereinigt die lage. oder auch nicht.

in harsud gibt es zwar kein hotel, aber wir koennen in einem resthouse kostenlos im 'speisesaal' quartier beziehen. sehr nette leute hier. neue rekordtemperatur: 47 grad tagsueber, und satte 35 grad nachts um 3 uhr.

mittlerweile stehen wir schon um halbfuenf uhr frueh auf, um der hitze moeglichst auszuweichen. nach hoshangabad radeln wir fast 100 km, und ab 11 uhr fahren wir nur mehr 5(!)-kilometer-etappen. ich beherzige die nette aufforderung meines bruders aus der fernen heimat: 'sauf mehr du dehydrant!'. und ich trinke viel. es klappt halbwegs. trotz schlechter strasse und hitze sind wir nicht komplett erledigt. wir bleiben einen tag und lernen pratik kennen, einen lehrer, der uns beim hotelsuchen und ueberhaupt sehr hilft. ausserdem bringt er uns neuerlich in die zeitung, besser gesagt sogar in 2, diesmal nicht in mahrati-sprache sondern in hindi. auch egal, lesen koennen wirs eh nicht. der journalist, der uns im hotel besuchen kommt, scheint etwas schuechtern und spricht fast kein englisch, pratik uebersetzt. das 'interview' artet fast in einer rechtfertigung unsererseits aus, wegen gruende der reise und unseren reichtum. die ueberschrift lass ich mir am abreisetag dann noch uebersezten, und die lautet so aehnlich wie: 'deutsches ehepaar auf raedern liebt hoshangabad'.

leider wird mir die teure hoehenmesser-uhr vom fahrrad geklaut. sehr aergerlich, aber ich bin selber schuld. nach dem kaputtgehen meiner kamera auf dem weg nach goa der zweite herbe finanzielle verlust. aber meine mutter schreibt mir ganz richtig: 'es soll nix schlimmeres passieren.'

nach hoshangabad geht es etwas in die berge, in die vindhya berge. aber das in den milden morgenstunden. ploetzlich - ich erspaehe am strassenrand eine schlange. dunkel. rund 1 meter lang. wir bleiben stehen, und mit fotoapparat pirsche ich mich langsam an das tier heran. tatsaechlich - eine kobra! ich gehe in die hocke und mache aus 2 meter entfernung eine teleaufnahme. der gewundene schlangenkoerper glaenzt wunderschoen in der sonne. ich will aber unbedingt auch eine aufnahme von vorne. langsam und vorsichtig schleiche ich im respektabstand an ihr vorbei. aus rund 1 1\/2 meter entfernung starrt die kobra mir direkt ins objektiv. 2. aufnahme. der schweiss rinnt mir die stirn herunter. ein schoenes tier. schade, dass es tot ist.

etwas spaeter fotografiere ich noch die mad-max-autos. 3-raedrige, spacige gefaehrte, die als taxis dienen. rund 50 kilometer vor unserem etappenziel bhopal biegen wir links auf eine kleine asfaltstrasse. 3 km geht es steil bergauf. dann sind wir auf den bimbhetka huegeln. ein gebiet, das ueber 1000 hoehlen aus der fruehen bis spaeten steinzeit besitzt. vor allem die hoehlenmalereien interessieren mich. tiere und jagdszenen sind in zahlreichen hoehlen zu sehen - meist in weissen, aber auch roten und gelben farben gemalt. teilweise sehr naturalistisch! was mich daran vor allem fasziniert: der erste schritt der menschheit zur kultur. neben dem reinen ueberleben, jagen, essen, nicht gefressen werden und vermehren, beginnen menschen 'ploetzlich' etwas anderes zu machen. etwas das ihnen fuers leben und ueberleben nichts bringt. ohne 'praktischen' grund und zweck.

bhopal, die hauptstadt von madhya pradesh, liegt an 2 kuenstlichen seen, weshalb sie auch 'city of lakes' genannt wird. sie ist gross und hat alles was eine grosse stadt besitzt - restaurants, kinos, viele geschaefte. ein ort fuer uns zum auftanken in allen belangen.

die stadt ist in den 80er jahren auf tragische weise in die weltnachrichten gelangt. ein giftiges gas ist in grossen mengen aus einer fabrik eines amerikanischen konzerns der stadt ausgetreten. und hat bis jetzt 16.000 menschen das leben und einer halben million die gesundheit gekostet.

ich komme wieder etwas zum zeitung lesen. ich lese unter anderem von gewalttatigen demonstrationen in madhya pradesh gegen stromlieferanten. einrichtungen und gebaeude wurden beschaedigt, die polizei griff mit traenengas ein. der grund: die andauernden und langen stromausfaelle in manchen stadten. im schnitt gibts in diesen orten im schnitt 12 stunden am tag keinen strom. die haelfte der naechte in einem monat ebenfalls stromlos. was das auch volkswirtschaftlich bedeuten muss...wahnsinn. mails schreiben wir grundsaetzlich in einem text-editor und speichern jede minute ab. warum wohl...

in diesem lichte muss man wohl auch das umstrittene sardar-saronar-staudamm-projekt sehen, das in planung ist. ein 100 meter hoher damm, der den namada river, den bine und ich nach hoshangabad ueberquert haben, aufstauen und den so wichtigen strom bringen soll. wir redeten im resthouse in harsud mit 2 zivilingenieuren, die im auftrag der regierung an dem damm mitplanen, darueber. das projekt ist sehr umstritten, ob der gewaltigen und unabsehbaren folgen fuer hunderte ortschaften, abertausende menschen, das oeko-system und fuer die wasserversorgung.

die weiteren ziele unserer route sind der bandavghar national park, in dem wir mit glueck den einen oder anderen tiger zu gesicht bekommen, und die indischste aller staedte indiens: varanasi. dann hinauf nach nepal. immer ein auge auf www.who.int und den schlagzeilen. hoffentlich macht uns SARS fuer unseren weitern weg nach tibet keinen strich durch die rechnung.
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