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in Vorbereitung: 3onTour!
"the tiger!"

  
Indien
1. Juni 2003

"the tiger!"

8117 km, rewa (INDIEN)

der 4WD-jeep rast um die kurve. eine rote staubwolke wirbelt durch die luft. und legt sich ueber einen wald von hinweisschildern. 'bandhavgarh jungle lodge', 'royal tiger resort', 'white tiger forest lodge' ist unter anderem zu lesen. hinten im gelaendewagen krallt sich das pedalglobal-team in die sitze. uli nullnegativ umklammert die nikon F-501 mit frischeingelegtem film. es gilt keine sekunde zu verlieren. die sonne ist noch nicht aufgegangen. die luft ist noch angenehm. ideale bedingungen. die jagd hat bereits begonnen. und pedalglobal ist mitten drin. tiger, wir kommen!

vor dem parkeingang warten bereits 6 andere jeeps in reih und glied. unser weisser suzuki reiht sich hinten an. weitere 5 gelaendefahrzeuge folgen. wir haben also einen mittleren startplatz belegt. nicht schlecht. die pole position haelt ein einzelner tourist inne, ausgestattet mit einem riesigen, von weitem sichtbaren, halben meter langen tele-objektiv. was fuer ein erbaermlicher angeber. die anderen teilnehmer geben sich trotzdem gelassen. ich verfluche innerlich unser mickriges 80-mm zoom.

die taktik am beginn der safarijagd: jeder versucht es auf eigene faust. in dieser phase zaehlt vor allem erfahrung. tiger werden naemlich vorerst nicht gesichtet. nach ihnen wird nicht ausschau gehalten. tiger machen sich indirekt bemerkbar. durch 'alarm calls' - warnrufe - anderer tiere. aufgeschreckt beim durchstreifen der raubkatze des waldes - vorzugsweise in der morgen- oder abenddaemmerung. es heisst also hin und wieder stehen bleiben, motor aus und - horchen. wir hoeren affengeschrei in der ferne. 'alarm call', meint unser guide optimistisch. die fahrt geht weiter. unterwegs orten wir tigerspuren auf der sandigen piste. eindeutig katzenspuren in beeindruckender groesse. mein herz beginnt schneller zu schlagen. es gibt ja wirklich tiger hier! aber vorerst tut sich einmal nichts.

der bandhavgarh nationalpark ruehmt sich ja damit, der park mit der groessten anzahl an tigern pro quadratkilometer zu sein. 'in any other park, you are lucky if you see a tiger. in bandhavgarh national park, you are unlucky if you dont see at least one', steht im am vortag erworbenen nationalpark-buch. unser indienfuehrer meint wohl etwas realistischer, dass bei 3 parkbesuchen die wahrscheinlichkeit, die groesste lebende katze der erde zu sichten, bei rund 90 prozent laege. fahrer, die sich unterwegs treffen, tauschen informationen aus. langsam scheint tatsaechlich wortwoertlich 'etwas im busch zu sein'. aber was? fuer die grasenden antilopen, fuer die affen, wildschweine und unzaehligen vogelarten des parks interessiert sich momentan noch kein schwein. die kommen dann als nachspeise dran. sofern die mitgenommenen filme nicht schon fuer den koenig des dschungels verknipst sind. und sofern ueberhaupt eine hauptspeise serviert worden ist. naemlich 'a great tiger sighting!'

mitten im wald, vor einer lichtung, warten 3 andere fahrzeuge. die guides beraten sich. dabei bin ich mir aber nicht sicher, ob es nun um eine eventuell gesichtete raubkatze oder um das letzte cricket-spiel geht. ploetzlich macht einer handzeichen. motoren werden gestartet. jeeps vollgas retour. nur 20 meter. wieder ein handzeichen. motoren aus. fehlalarm. mir kommen erinnerungen an den chitwan national park in nepal hoch. ein naturpark, der ebenfalls tiger beherbergt. verteilt allerdings auf einer viel groesseren flaeche. normal-besucher kriegen daher so gut wie nie einen zu sehen. als ich 1999 dort war, gehoerte es zu den running-gags der elefantentreiber, ploetzlich und unvermutet 'look! a tiger!' zu rufen. der spass lag dabei ganz bei den einheimischen. der tourist setzte in diesem fall ein gequaeltes laecheln auf, loeste das vom schweiss klatschnasse t-shirt etwas von seinem ruecken, und hielt sein tele-objektiv auf einen bloeden wasserbueffel.

zurueck nach indien. 2 elefanten tauchen aus dem wald auf. sie sind zusammen mit ihren reitern schon vor sonnenaufgang unterwegs, um die begehrte katze zu lokalisieren. per walkie-talkie wird die information dann weitergegeben. doch es scheint keine gesichtet worden zu sein. mittlerweile sind rund 10 jeeps zusammengekommen. 'the tiger!' rufe. ploetzlich helle aufregung. fahrzeuge werden wieder gestartet. wie wild faehrt jeder drauf los. ruecksichtslos wird dem langsameren der weg abgeschnitten. 20 meter weiter. dann motoren ab. 'a tiger!', ruft unser fuehrer und zeigt rechts in den wald. ich kann nichts erkennen. ploetzlich - ich registriere etwas bewegtes zwischen den baeumen. ein tier zeichnet sich schemenhaft ab. nach einigen sekunden ist es ganz deutlich: ein tiger! sogar mehrere. eine mutter mit jungen. ob es nun 2 oder 3 kleine sind, wissen bine und ich nachher nicht mehr genau. sie knipst auf jeden fall wie wild drauf los. ganz gemuetlich und ungestoert ueberqueren sie nacheinander - in rund 15 meter entfernung - den weg. die mutter ist riesig. muskuloes aber gleichzeitg sehr geschmeidig und elegant. das leuchtend orange-gelbe fell hat die typischen schwarzen und weissen streifen. die katzenkinder sind schon halbwuechsig. nicht so putzig und klein, wie es bine vielleicht gerne haette. sie trotten auf der anderen seite in den wald. die jeeps positionieren sich neu. gerade rechtzeitig, um die tigerfamilie - jetzt schon in einiger entfernung - endgueltig im dschungel verschwinden zu sehen.

mein herz klopft schnell. bine und ich sind richtig 'high'. das ganze hat nicht laenger als vielleicht 90 sekunden gedauert. kraeftig durchatmen. 'haben sich die 8.000 geradelten kilometer hierher doch ausgezahlt', scherzen wir gutgelaunt. im halb so langsamen tempo wie waehrend der tigerjagd rollen die jeeps gemuetlich in verschiedenen richtungen ab. um noch andere tiere zu beobachten. um die 'nachspeise' zu geniessen. die jagd ist beendet. die show gelaufen. der tiger - der koenig des dschungels - ist im kasten. und im herzen.

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