Chile 1 - Ruta Parques Nacionales
11366 km, Pisiga
Grenze Peru - Arica - Putre - Lago Chungará - Guallatiri - Salar de Surire - Enquelga - Colchane
Sehr spät am Nachmittag erreichen wir die Grenze Peru/Chile bei Arica. Auf peruanischer Seite haben wir aufgrund der Zäune auf der linken und der paar Häuser auf der rechten Seite keinen Übernachtungsplatz gefunden. So sind wir froh, dass die Formalitäten relativ rasch von statten gehen. Allerdings findet das erste Mal auf dieser Reise unser Gepäck Beachtung. Wir müssen alles abpacken und durch einen Scanner laufen lassen. Kein Problem für uns, aber ohne solcher Kontrollen sind wir bis jetzt ein Jahr ganz gut "gefahren"...
In Chile angelangt radeln wir nur noch 2 Kilometer, um gleich nach der ersten kleinen Anhöhe einen guten Platz für die Nacht zu finden. Wie in der letzten Nacht in Peru: wieder ohne Zelt, wieder mit Millionen von Sternen. Und das Lichtermeer von Arica vor uns.
Alles neu
Chile ist eindeutig "moderner", "westlicher" und wohl reicher als Peru. Das merken wir an den Autos, an den Supermärkten, an der Fussgängerzone in Arica und - an den Preisen. Vor allem die Quartiere haben fast europäisches Niveau. Der Preis für das billigste Hotel, das wir finden können, beträgt über 20 Euro. Alle Quartiere haben Privatbad und WiFi. Wir geniessen trotzdem das neue Land - nach mehr als 4 Monaten in Peru ist alles neu für uns. Aber der "Abenteuerfaktor" fällt eindeutig weg. Es ist sauber, geregelt und "europäisch". Das Essen finden wir allerdings super. Es gibt nun nicht nur Huhn mit Reis, sondern Pesto-Nudeln, Faschiertes, Fisch oder Brocolli-Quiché. Das jeweils mit einer sehr guten Suppe, Salat mit Essig&Öl und frischem Brot, und diverse Nachspeisen. Unsere Gaumen sind definitiv unterfordert gewesen das letzte Jahr. Englisch ist auch viel mehr verbreitet als im bisherigen Lateinamerika, in dem Englisch quasi nicht existent war. Manche Hinweisschilder sind 2-sprachig. Und einige Einheimische sprechen uns auf Englisch an.
Wir bereiten uns für die extrem einsamen Gebiete im nördlichen Chile vor. Kaufen Lebensmittel für viele Tage. Ich lasse bei einem sehr vertrauenserweckenden "taller de bicicleta" mein Hinterrad komplett neu einspeichen - hatte ich im Süden von Peru doch insgesamt 7 Speichenbrüche. Kaufen neue Bremsbeläge und Reservemantel.
! | Radler-Info: ein sehr guter Fahrradmechaniker (inkluive Auswahl an Ersatzteilen): Bicicletas "Melipulli" - Andreas Rodriguez Vargas - Lautato No. 1024, Arica, Chile. Entlang der 18 de Septiembre landeinwärts Richtung Krankenhaus, bei Universität nach links, und ein paar Blocks geradeaus |
Die Küste ist in Arica nicht leicht zugänglich, da gleich unterhalb des Zentrums der grosse Hafen liegt. Bine und ich finden ein billiges "Einheimischen"-Lokal (leider auch mit den negativen Begleiterscheinungen von Betrunkenen und einer ordentlichen Schlägerei) im Zentrum, das uns gut gefällt. Dort trinke ich Cristal-Bier (ein chilenisches Bier, das mit dem gleichnamigen Bier aus Peru nichts zu tun hat, aber das nur nebenbei) in der noch viel praktischeren 1000 ml Flasche. Und plaudern viel. Auch mit den angetrunkenen Chilenen vom Nachbartisch...
Die Erde bebt
Auch aus dieser Stadt kommen wir nicht leicht los. Und wir bleiben einige Tage länger als geplant. Zu lange. Denn am 1. April kommt das grösste Erdbeben nach Arica seit über 130 Jahren.
Wegen der oben genannten Schlägerei in unserem "Stammlokal" suchen wir uns an diesem Abend ein teureres in der Fussgängerzone. Mit 2 Gläsern und einem Pitcher Bier (nicht praktisch, aber...) sitzen wir gemütlich in kurzer Kleidung unter dem Sternenhimmel. Wie so oft während unserer Zeit in Arica fängt der Boden wieder einmal zu vibrieren an. Ich nehme den Pitcher und mein Glas in die Hand, damit diese nicht umfallen. Doch diesmal bleibt es nicht beim üblichen Wackeln. Das Zittern wird stärker und stärker. Die Leute springen auf und laufen in die Strassenmitte. Bine und ich tun dasselbe. Ich hab immer noch die Biere in der Hand. Mittlerweile zerspringt das Glas der Strassenbeleuchtungen und einiger Schaufenster. Leute fangen zum Schreien an. Dann ist es plötzlich stockdunkel. Ich rufe nach Bine, denn mittlerweile strömen die Menschen in Massen an uns vorbei. Zum Glück klammert sie sich an mich. Dann ist das Beben zu Ende. Ein paar Lichter gehen wieder an. Ich stehe immer noch mit den Bieren in beiden Händen da. "Arriba" schreien uns Einheimische entgegen, und zeigen landeinwärts. Schweren Herzens stelle ich die fast vollen Bierbehälter am Tisch ab - eigentlich habe ich eine schöne "Bierlaune". Und eile mit Bine fest an der Hand die leicht ansteigende Fussgängerzone hinauf.
Nur langsam realisieren wir, was passiert. Immer wieder drehe ich mich um, und erwarte eine riesige, dunkle Welle hinter mir. Auf den Strassen rasen Autos herum. Alle landeinwärts. Alle hinauf. Es ist akute Tsunamiwarnung ausgerufen. Immer mehr Polizei- und Rettungsautos mit Sirenen und Blaulicht sind unterwegs. Wir erreichen den Fuss des "Stadthügels" mit einer beleuchteten Statue. Mit unseren Flip-Flops steigen wir den sandigen, steinigen Weg hinauf. Erst oben fühlen wir uns sicher. Sollte ein Tsunami über Arica hereinbrechen, wäre wohl unser komplettes Zeug im Hotel, das nur rund 20 Meter über Meeresspielgel liegt, vernichtet. Und damit wohl auch unsere Reise zu Ende. Aber das ist uns im Moment egal. Wir sind sicher - und nichts ist passiert. Ausserdem denken wir an alle jene, die im Falle eines Tsunamis wohl ihre Existenz verlieren würden.
Der Hügel füllt sich mit Menschen. Die Leute telefonieren. Hören Radio. Schlafen auf ihren mitgebrachten Matten. Warten. Uns wird gesagt, dass nach so 2 Stunden die Tsunamiwarnung aufgehoben wird. Und wir dann wieder zurück ins Hotel können. So warten wir. Langsam gehen in einigen Stadtteilen wieder die Beleuchtungen an. Auch die Statue oben auf "unserem" Hügel ist plötzlich wieder hell.
Uns wird kalt - haben wir doch nur kurze Kleidung und Flip-Flops am Körper. Und ein bisschen Geld. Sonst nichts.
Schliesslich erfahren wir von der Polizei, dass die Tsunamiwarnung noch 7 Stunden aufrecht bleibt, also bis Morgen früh. Da wir - im Gegensatz zu den meisten Einheimischen hier - keine Freunde, Verwandte oder sonstige Hilfestellungen erwarten können, bitten wir die Polizei um Unterstützung. Und diese ist tatsächlich sehr nett. Kurz fahren wir zu unserem Hotel um Kleidung zu holen, aber erwartungsgemäss ist es geschlossen. Auch die Besitzer haben sich in Sicherheit gebracht. Schliesslich landen wir in einem Notquartier - einer Schule oben am Hügel. Endlich in einem Raum und Wärme. Ein paar Stunden schlafen wir auf einer Matratze. In der Früh nehmen wir ein Taxi zu unserem Hotel. Der Tsunami ist zum Glück ausgeblieben.
Selbstredend verschieben wir unsere geplante Abfahrt um einen Tag. Doch am folgenden Abend gibt es ein starkes Nachbeben. Alles läuft ein bisschen ruhiger ab als am Vortag. Aber wir finden uns trotzdem oben am Hügel wieder. Diesmal sind wir aber um 3 Uhr früh wieder im Hotel. Uns reicht´s langsam. Am nächsten Tag radeln wir endlich los.
Ein Abenteuer beginnt
Es geht, ähnlich wie in Ecuador von der Küste hinauf nach Cuenca, wieder Mal über 4000 Höhenmeter hinauf. Bine ist nun länger nicht Rad gefahren. Und wir müssen viele Lebensmittel und Wasser mitschleppen, da wir uns ab jetzt in einsamen, schlecht versorgten Gebieten bewegen. Wir erwarten also einen schwierigen "gemeinsamen Wiederbeginn". Aber ich freue mich drauf. Nun werden wir wirklich in "unserem Metier" unterwegs sein. Mit tatsächlicher Einsamkeit, viel Kampieren. Hoher, toller Berglanschaft - und viel Abenteuer.
Die ersten rund 50 Kilometer sind leicht. Es geht nur rund 800 Meter hinauf. Immer wieder gibt es bescheidene Einkaufsmöglichkeiten. In den ersten 3 Tagen müssen wir auch deutlich mehr trinken, sind wir doch noch in der Hitze unterwegs. So nehmen wir Flüssigkeit auf, wo es nur geht.
Die erste Nacht verbringen wir im Freien. Doch hinter uns, in den Bergen, zieht es dunkel zu. Ich bin deprimiert, denn eigentlich habe ich gehofft, dass die Regenzeit jetzt im April bald endet. Und wir hier südlich von Peru - nahe der Atacama Wüste - sowieso weniger Niederschlag erhalten. Als wir schon gemütlich in unseren Schlafsäcken liegen, vibriert wieder die Erde. Aber hier kann es uns egal sein. In der Nacht fallen sogar ein paar Regentropfen. Fängt jetzt wieder der Regen in den Bergen an?
Bei heissem Wetter geht`s am nächsten Tag weiter stetig hinauf. Bine ist tapfer und fit im Kopf. Es ist sicher nicht leicht für sie. Sie hat immerhin 11 Kilo Flüssigkeit und viele Kilos Lebensmittel zusätzlich zu schleppen. Aber wir teilen uns die Etappen realistisch ein. Und denken einfach Tag für Tag. Die Landschaft ist extrem trocken, aber ich finde sie sehr reizvoll. Bei einer modernen Solaranlage bitten wir den Securitytyp um Wasser. Sehr hilfsbereit füllt er uns 2 Flaschen an. Sehr nett!
Es zieht wieder etwas zu, und so stellen wir unser Zelt leicht oberhalb der Strasse auf. Wir fühlen uns hier sicher. Und da das Gebiet unbewohnt ist, ist die Zeltplatzsuche extrem leicht. Ich geniesse das Kampieren, das Kochen am Abend, das Schlafen und das Frühstücken im Zelt. Das werden wir ab nun sehr oft haben!
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Tags darauf erreichen wir ein überteuertes Touristencafé, und können für ein paar chilenische Pesos wieder unsere Flaschen auffüllen. Nach insgesamt 3 ½ Tagen erreichen wir Putre, den einzigen nennenswerten Ort auf unserem Weg. Er ist aber trotzdem relativ bescheiden, im Vergleich zu dem was wir bisher gewohnt waren. Wir können aber unsere Lebensmittel und sonstigen Vorräte auffüllen. Und uns von dem mühsamen Aufstieg erholen.
Nach 3 Ruhetagen geht`s nun wirklich ins Hochland. Und dann weg von der Hauptstrasse in die Einsamkeit. Ein einziger 1000-Meter Aufstieg steht Bine noch bevor. Dann sind wir "oben" - und ab da halten sich die Auf- und Abstiege in Grenzen. Wir nehmen eine Abkürzung über eine Schotterstrasse, die zwar steiler aber kürzer ist. Einige Passagen müssen wir schieben. Nach 500 Höhenmetern erreichen wir wieder die Hauptstrasse CH-11. Das Wetter ist traumhaft, und die Landschaft wird immer spektakulärer. Vicuñas gibt es hier zu hunderten. Die tolle Graslandschaft und die Berge faszinieren mich.
Nachdem wir am späten Nachmittag einen kleinen Pass erreichen, bewundern wir zum ersten Mal den Volcán Parinacota in voller Grösse. Der Himmel ist strahlend blau, der Mond ist schon aufgegangen. Eine unbeschreibliche Szenerie. Da es richtig kalt wird, radeln wir nur ein paar Kilometer hinunter und stellen dann unser Zelt auf. Die tollen Aussichten lassen mir keine Ruhe. Immer wieder greife ich zur Kamera. Die Nacht wird bitterkalt. In der Früh messen wir -6 Grad im Zelt. Alle Flaschen sind durchgefroren, meine einzige Aluflasche ist geborsten. Wir müssen uns an diese Bedingungen erst wieder gewöhnen und uns richtig verhalten.
Apropos richtig verhalten: der "Ort" Chucuyo besteht aus 2 Lokalen, von denen eines sogar geöffnet ist. Wir ziehen uns gleich jeweils 4 Spiegeleier rein. Die Rechnung habe ich dann 1 ½ Tage in Form von akutem Durchfall bezahlen müssen...
Es geht weiter entlang der CH-11 Richtung bolivianischer Grenze. Es ist schwer zu beschreiben, was ich in diese Tagen fühle und erlebe. Eine grandiose Kulisse mit schneebedeckten Vulkanen, tiefblauen Seen, tiefblauem Himmel. Jede Ecke bietet einen neuen Ausblick. Eine Wahnsinnslandschaft!
Bei einer Nationalpark-Station am Lago Chungará bekommen wir noch Wasser, ehe die Ranger wieder nach Putre fahren. Von den Parkranger der Nationalparks (CONAF) sind wir enttäuscht, um nicht zu sagen verärgert. Fast alle CONAF-Stationen sind geschlossen. Und ist eine geöffnet, erfahren wir völlig falsche Informationen von offensichtlich desinteressierten Angestellten. Für Radfahrer können solche fahrlässigen Fehlinformationen (wo gibts Wasser, ist diese CONAF-Station offen, etc., wie weit ist es dort und dorthin) gefährlich sein!
Wir stellen dort unser Zelt auf - direkt gegenüber vom Volcán Parinacota, der sich im Lago spiegelt. Wie gesagt, unbeschreiblich. Die Nächte sind nun, obwohl wir höher sind, milder. Jeweils um die null Grad im Zelt in der Früh. Das Frühstücken ist einmalig - vom Zelt aus sehen wir den Lago Chungará, den Volcán Sajama in Bolivien und den Volcán Parinacota. Eine einzigartige Kulisse.
Ab in die Einsamkeit
Als wir die Grenzstation Chile/Bolivien ("Chungará") erreichen, füllen wir unsere Wasserflaschen noch schnell bei der Polizei auf, ehe wir rechts in den Parque Nacional Lauca abbiegen. Eine kleine, sandige Piste führt nach Süden. Zuerst ein See mit Flamingos und anderen Wasservögeln. Danach eine fruchtbare Hochebene mit vielen Vicuñas. Dahinter der rauchende Volcán Guallatiri. Nun mühsamer und langsamer geht es einen kleinen Pass hinauf. Oben betreten wir den Reserva Nacional Las Vicuñas und haben einen tollen Ausblick auf die trockene Ebene vor uns.
Es geht steinig und holprig hinunter. Eine Wasserflasche löst sich von meinem Gepäckträger, fällt auf den Boden und bricht - das Material ist wohl ob den tiefgefrorenen Nächten spröde. Wir benutzen erstmals auf dieser Reise unsere Wassersäcke, aber auch da leckt das Ventil. Nach einem Jahr durch Hitze und Kälte ist wohl auch die Dichtung undicht geworden. So montieren wir fürs erste den Wassersack "vertikal", damit nichts ausrinnt. Danach erreichen wir die heissen Quellen "Termas Chirigualla", an denen wir den Nachmittag verbringen und kampieren. Eine kleine heisse Quelle, die in einem natürlichen und in einem künstlichen Pool in einem kleinen Gebäude genutzt werden kann. Herrlich heisses Wasser. Herrlicher Nachmittag in dieser Landschaft. Der Volcán Guallatiri raucht untentwegt vor uns.
In diesem Abschnitt hinunter nach Colchane begegnen wir nur so rund 2-4 Fahrzeugen am Tag. Die Piste ist in der ersten Hälfte eigentlich sehr gut zu beradeln. Auch die befürchteten Quiborax LKWS, die Salz vom Salar de Surire wegtransportieren, fahren nicht. So können wir wirklich tolle Einsamkeit geniessen. Guallatiri ist praktisch der einzige bewohnte Ort im ganzen Gebiet. Aber es gibt auch hier nicht viel. Eine sehr freundliche Frau schenkt uns frisches Obst. Das freut uns sehr! Ansonsten können wir nur Wasser auftanken. Wie wir es erwartet haben - ausser Wasser gibt`s eigentlich nichts. So sind wir froh, dass wir in Putre für ingesamt 9 komplette Tage (!) Lebensmittel eingekauft haben. Auf einer langsamen Strecke von 230 Kilometern finden wir keine einzige Einkaufsmöglichkeit.
Ich kann es nicht oft genug schreiben - die Landschaft ist ein Traum. Blauer Himmel. Trockene, schroffe Berge. Schneebedeckte Vulkane. Vicuña-Herden. Die strauss-ähnlichen Nandus (sehr scheu). Die Vizcachas, eine Hasenart. Viele andere Vögel, darunter die für mich so faszinierenden rosa Flamingos, die ebenfalls sehr scheu sind. Wir radeln durch ein Gebiet, ähnlich der Serengeti, nur 4000 Meter höher!
Einmal durchqueren wir barfuss einen Fluss, da die Brücke eingestürzt ist. Ansonsten ist die Piste im ersten Teil eigentlich sehr gut. Das Wetter ist fast immer traumhaft. Allerdings frischt ab Nachmittag immer starker Wind auf. Das Zeltaufbauen ist dementsprechend schwierig. Je nach Bodenverhältnissen bläst viel Sand in unsere Apsiden und auch ins Innenzelt.
Am 5. Tag sehen wir nach einer Auffahrt auf eine Anhöhe erstmals den Salar de Surire. Unseren ersten südamerikanischen Salzsee! Wir sind begeistert. Wir radeln zur CONAF-Station, die das Monumente Nacional Salar de Surire administriert. Obwohl uns gesagt wurde, dass die Station durchgehend offen ist, stehen wir vor verschlossenen Türen. Abends kommen allerdings doch 2 CONAF-Mitarbeiter und wir bekommen Wasser. Am Parkplatz stellen Bine und ich unser Zelt auf. Später kommen noch 2 Deutsche mit Mietauto, die hier ebenfalls ihr Zelt aufschlagen.
Früh morgens koche ich Kaffee. Vom Zelt aus habe ich einen tollen Blick auf den Salar und die dahinterliegenden Berge. Die Sonne geht auf, und die Stimmung ist einzigartig.
An diesem Tag radeln wir nur 20 Kilometer. Zu den natürlichen heissen Quellen von "Termas Polloquere". Wir baden in dem schwefeligen, aber wohlig warmen Pool. Vor uns die Salzebene des Salar de Surire. Keine Menschenseele herum. Was will man mehr?! Das Zelt stellen wir direkt bei dem heissen Pool auf. Es geht am Nachmittag heftiger, böiger Wind. Unser Zelt wird ordentlich durchgeschüttelt. Ich beobachte abends einige Flamencos Chilenos am Salar. Am nächsten Morgen ist es windstill, und die Quelle dampft in der Morgensonne vor sich hin. Rundherum erkennen wir nun ebenfalls zahlreiche heisse Quellen.
Der Schlusssprint
Dann radeln wir einen kleinen Pass hinauf. Dieser ist auch die Grenze zu Bolivien. Für 3 Kilometer befinden wir uns nun auf bolivianischen Boden. Die Strasse geht steil hinunter, ist steinig und sehr klein. Ein kleiner Stahlturm mit dem Schild "Bolivia" markiert den Wiedereintritt nach Chile. Ab nun wird die Piste eindeutig schlechter zum Radeln. Vor allem heftige Waschbrettpiste macht uns das Leben schwer. Am Pistenrand loser Schotter oder Steine. Wir weichen auf parallel verlaufende Pisten aus, die etwas besser zu beradeln sind. Aber all das tut unserer Stimmung keinen Abbruch. Dafür ist das alles hier einfach zu geil.
Wir passieren kleinste Orte - die meisten verlassen. Die kleinen Kirchen sind allerdings oft renoviert und schauen super aus. Auch offensichtlich intakte Häuser scheinen unbewohnt. Als wir allerdings 2 einheimische, alte Radler treffen und diese jeweils nach ihrem Ziel fragen, nennen sie uns jeweils einen dieser Geisterorte. Anscheind gibt´s da mehr als wir vermuten. Ich frage den einen, warum er denn dorthin radelt. "Mi señora", antwortet er. Nun gut, keine weiteren Fragen...
Wir treffen gegen Ende der Route noch jeweils 2 "internationale" Radler. Eine Holländerin aus Wageningen (Verwandte von mir wohnen dort!) und einen Argentinier. Von beiden erfahren wir, dass die Salare (Salzseen) in Bolivien trocken und radlbar sind. Das sind neue Informationen für uns, die wir erst verarbeiten müssen.
Nach 400 intensiven, erreignisreichen und abenteuerlichen Kilometern ab Arica erreichen wir Colchane - den chilenische Grenzort zu Bolivien an der Hauptstrasse CH-15 gelegen. Wir haben uns definitiv mehr erwartet als ein geschlossenes Geschäft, 2 Hostals und ein paar scheinbar unbewohnte Häuser. Da wir noch nicht wissen, wie wir nun weiter radeln wollen, nehmen wir das einzige Hotel mit WiFi, essen zu Abend und recherchieren unsere weiteren möglichen Routen.
Ein kleines, tolles Abenteuer geht zu Ende. Begeisternd. Aber wir sind gerade erst mitten drin.