Die Welt ist gut (Bine)
14578 km, Mengla (CN)
Als wir in Wien verkündeten, dass wir uns wieder mit den Rädern auf den Weg machen wollten, ernteten wir dafür viel Unverständnis. Und wenn überhaupt Fragen gestellt wurden, dann über die möglichen Gefahren in den fremden Ländern. Ob wir keine Angst hätten nur zu zweit zu sein, abends im Zelt in der freien Natur, ob wir nicht schon schlechte Erfahrungen gemacht hätten? Was ist mit möglichen Unfällen, Krankheiten, Überfällen usw.? Mit unserer vorigen Tour (Tourbine 2002-2004) zusammengerechnet, sind wir beide nun schon fast drei Jahre mit den Rädern unterwegs gewesen. Zeit für mich, über das Gute in der Welt, das ich fast ausschliesslich erfahren durfte, zu schreiben.
Wenn jemand mit dem Auto von Wien nach Linz fährt, denkt sich niemand etwas. Und doch sterben etwa drei Menschen pro Tag in Österreichs Strassenverkehr. Die Menschen machen sich keine Gedanken darüber, weil es etwas Alltägliches, etwas Normales geworden ist. Doch vor fremden Ländern überwiegt bei vielen Angst. Aber nicht etwa, weil sie selbst schon so viele schlechte Erfahrungen im Ausland gemacht haben.
Woher kommt das in unserem aufgeklärten Zeitalter, wo wir über so viele Informationen verfügen? Vielleicht daran, dass zum Beispiel grosse Nachrichtensendungen wie „Die Tagesschau“ oder „ZIB“ täglich nur über alles Schlimme berichten, was weltweit passiert. Keine Frage, dass dies wichtige Informationen sind, doch gibt es wirklich überall nur Mord, Totschlag und Umweltkatastrophen? Wenn man nur zuhause ist, könnte man diesen Eindruck bekommen. Doch geht man in die Welt hinaus, wird man eines besseren belehrt.
Gemeinsam sind Uli und ich nun über 35.000 Kilometer mit dem Rad gefahren und waren in 26 verschiedenen Ländern dieser Welt. Mein Kurzresumee nach all den Erfahrungen in diesen Ländern: DieWelt ist gut!
Natürlich gibt es überall unfreundliche und unsympathische Menschen, doch die Mehrheit ist ganz anders. Nämlich freundlich und hilfsbereit. Gerade arme Menschen haben uns viel gegeben und geholfen, ohne dafür etwas zu erwarten. In Krankenhäusern wurden wir als Erste und unentgeltlich behandelt. Und dies in Ländern, wo die Menschen eigentlich nichts zu verschenken haben. Sie haben uns mit Respekt behandelt und uns weitergeholfen. Vor Diebstählen wurden wir gewarnt, doch eigentlich wurde uns auf allen Reisen nur ein BH gestohlen. Wenn wir uns Sehenswürdigkeiten ansehen wollen, dann bitten wir die Leute auf unser Hab und gut aufzupassen und sind noch nie enttäuscht worden.
Vor giftigen Tieren aller Art wurden wir gewarnt, doch nichts ist passiert und gesehen haben wir fast keine (zu Ulis Leidwesen). Je weiter entfernt die Länder von Europa sind, umso einseitiger wird die Berichterstattung. Dabei könnte man für jede Schreckensmeldung bestimmt fünf gute senden.
Als wir in Syrien im Dunkeln nicht wussten, wo wir schlafen sollen und verzweifelt an eine Tür klopften, um eventuell im Garten das Zelt aufbauen zu dürfen, zögerte die Familie keine Sekunde. Wir wurden herzlich aufgenommen, durften auf keinen Fall im Zelt schlafen, sondern bekamen ein eigenes Zimmer. Gemeinsam aßen wir zu Abend und hatten einen sehr netten Abend. Man stelle sich vor, in Wien würde eine syrische Familie anklopfen und nicht wissen wohin…
Oft bekommen wir Getränke, Obst oder Gemüse geschenkt, wenn uns die Verkäufer in der Hitze dahinstrampeln sehen. Wenn wir nach dem Weg fragen, nehmen sich die Menschen Zeit. In einem Cafe wollen wir unseren Tee zahlen, doch die Bedienung meint, dass hat schon ein anderer Gast getan.
Die Spitzenreiter an Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft sind die islamischen Länder. Und wenn ich in manchen Punkten nicht mit der Tradition übereinstimme, so sind doch die Menschen wahnsinnig hilfsbereit und freundlich. Hätten wir jede Einladung angenommen, so wären wir nie weitergekommen.
Georgien war für uns eine Mischung aus dieser übergrossen Gastfreundschaft und einer gewissen Lockerheit. Stundenlang sassen wir zusammen, aßen und tranken. Am nächsten Tag bekamen wir dann auch noch 2 Liter Rotwein geschenkt. Und die georgischen Lastwagenfahrer auf der Fähre nach Kasachstan werde ich nie vergessen. Erst 10 Tage Warterei am Hafen, dann einen zusätzlichen Tag am Schiff und anschliessend noch 2 Nächte am Hafen, weil der Präsident Geburtstag hat. Nach einem kurzen Grummeln waren sie wieder gut drauf und machten das Beste draus. Haben uns zu Essen und Cha Cha (Vodka) eingeladen. Die georgischen Trinksprüche haben Tradition und obwohl keiner die Sprache des anderen spricht versteht man sich.
Sie haben es damals genau auf den Punkt gebracht: Obwohl wir aus verschiedenen Ländern kommen, haben wir uns durch Zufall getroffen und eine schöne Zeit verbracht. Und das ist gut so.